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200 Jahre Tagebuch

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In der Sekundärliteratur werden Untersuchungen über das Tagebuch eher vernachlässigt. Die Wichtigkeit dieser literarischen Form ist wissenschaftlich bis heute nicht voll anerkannt. Eine umfassende Geschichte des Tagebuchs wurde noch nicht vorgelegt. Nun gab der an der University of California at Riverside lehrende Germanist Donald G. Da-viau das Werk „Österreichische Tagebuchschriftsteller” heraus, das Diarien aus zwei Jahrhunderten analysiert und interpretiert.

15 hauptsächlich in den USA lehrende Germanisten schreiben darin über Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts. In monographischen Einzelstudien werden unter anderen Hermann Rahr, Elias Canetti, Franz Grillparzer, Peter Handke, Robert Musil, Franz Kafka, Arthur Schnitzler und Franz Werfel als Tagebuchschreiber vorgestellt. Klaus Weissen-berger erörtert in einer gründlichen Diskussion die Form des Tagebuches.

Einmütig wird festgestellt, daß Tagebücher eine zwar eklektische, aber trotzdem auskunftsreiche Quelle zur Kulturgeschichte darstellen. Die Eintragungen seien immer fragmentarisch, meint der Herausgeber, wozu noch gesagt sei, daß die ursprüngliche Intention immer eine subjektive ist.

Rahr, Kafka und Werfel dienten die Tagebücher auch als Werkbücher und Notizhefte. Schnitzler waren seine Eintragungen eine Erinnerangs-hüfe, Musil führte sie aus Gründen der Selbstdisziplin und Selbstbeobachtung. Manche, zum Beispiel Handke, führen es als literarische Form oder schreiben, wie Schnitzler und Musil, eindeutig mit Publikationsabsichten. Die 15 Essays füllen eine wissenschaftliche Lücke in der Sekundärliteratur.

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