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In Mexiko brach eine neue Form der Grippe aus. Die Folgen waren anfänglich unklar. Die Massenmedien nahmen sich mit ihren Methoden des Themas an.

Ursprünglich wurden 150 Todesopfer der Schweinegrippe gemeldet (Sky News, 28. April). 19 waren es auf ARD am 3. Mai. Neben dem wirklichen Virus H1N1 geht weltweit ein Medienderivat um, das ansteckend ist. Dieses toxische Produkt, mit Rating "sehr wichtig" führt u. a. dazu, dass Menschen mit mexikanischen Pässen in chinesischen Hotels festgehalten werden (Angst um die Schweine!?). In Ägypten - bisher ohne Grippefall - werden die Schweine koptischer Christen auf behördliche Anordnung hin geschlachtet; unter wohlgefälligem Zuspruch muslimischer Prediger, die Schweine immer schon für unrein hielten. Österreichische Medien beglücken uns hingegen mit der Botschaft, dass ein kanadischer Mexikourlauber Schweine in Kanada angesteckt habe und diese nunmehr in Quarantäne seien. Arme Schweine!

Das war beinahe eine Spitzenmeldung

Das Virus breitet sich, wie alle Medienerreger, immer auf dieselbe Art aus: Fälle werden berichtet. Todesfälle. Dann die bange Frage: Wann hat Deutschland, die Schweiz, Italien den ersten Grippenfall? Wann sind endlich wir dran? Experten werden interviewt. Manche betonen, dass jedes Jahr viele Menschen an Grippefolgen stürben und auch dieses Virus tödlich sein könne. Anschließend wird die Aussage auf "dieses Virus tötet" verkürzt. Warnstufen werden verkündet und täglich gesteigert. Gerüchte machen die Runde: Viele Menschen seien teilgeimpft. Tamiflu hilft. Tamiflu hilft nicht (Time). Österreicher hat Tamiflu erfunden (ist das nun gut oder nicht? Was sagt es über die Grippe?) Menschen werden interviewt, ob sie sich fürchten oder nicht (selbstverständlich "ja"). Das bringt zwar keine Klärung, hält aber den medienviralen Effekt in Umlauf und wirkt ansteckend.

Was soll man tun? Nicht nach Mexiko fahren? Umarmungen vermeiden? Hände waschen?

Am Schluss waschen sich alle, die das Medienvirus verbreitet haben, die ihren. In aller Unschuld. Das Wirtschaftskrisenvirus hat uns wieder: das reale - und das mediale erst recht.

* Der Autor ist Meinungsforscher, GfK Austria

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