Die Vogelgrippe: "Jedes Virus hat seine Zeit"
Warum macht uns die Vogelgrippe Angst? Und was hat sie mit der Evolutionstheorie zu tun? DIE FURCHE lud den Veterinärmediziner Gerhard Loupal, den Wissenschaftspublizisten Oliver Lehmann und den Ethiker Kurt Remele zur Debatte.
Warum macht uns die Vogelgrippe Angst? Und was hat sie mit der Evolutionstheorie zu tun? DIE FURCHE lud den Veterinärmediziner Gerhard Loupal, den Wissenschaftspublizisten Oliver Lehmann und den Ethiker Kurt Remele zur Debatte.
DIE FURCHE: Herr Professor Loupal, Sie haben kürzlich in einem Interview gemeint, dass die Vogelgrippe zwar für die Geflügelindustrie durchaus dramatisch sei, aber für den Menschen "unter dem Strich eine Lappalie". Wie kommt es, dass eine Lappalie seit Monaten die Schlagzeilen füllt?
Gerhard Loupal: "Lappalie" hat sich darauf bezogen, dass etwa im asiatischen Raum ungefähr eine Milliarde Menschen und einige Milliarden Hühner leben, und bisher weniger als hundert Menschen an der "Vogelgrippe" gestorben sind. Wenn man das mit der Tatsache in Relation setzt, dass in Österreich 2000 Menschen jährlich an der Grippe sterben oder ein Osterwochenende auf Deutschlands Straßen über hundert Verkehrstote mit sich bringt, dann kann man auch von Hysterie sprechen. Es gibt ja etliche Beispiele: Wenn derzeit eine tote Taube auf der Straße liegt, werden rundherum die Kinder weggezerrt und man hält sich die Hand vor den Mund. In Deutschland werden Storchenhorste von den Dächern geschlagen, und in Österreich passiert es, dass Schwalbennester von der Wand gekratzt werden: Denn die bringen ja jetzt alle den Tod!
Oliver Lehmann: Ich würde trotzdem gern von einem Experten wissen, wo die Gefahr aufhört und wo die Panik anfängt. Hier sind Differenzierungen notwendig, die in den verkürzten Schlagzeilen nicht beachtet werden.
Loupal: In der Kürze nur so viel: Momentan haben wir es mit einem Virus zu tun, das Hühner und wilde Wasservögel töten kann. Es ist nur von Vogel zu Vogel übertragbar, sehr schlecht von Vogel zu Mensch und überhaupt nicht von Mensch zu Mensch. Nun ist die Situation insofern nicht unproblematisch - das gebe ich zu -, als das H5N1-Virus in in den asiatischen Geflügelbeständen endemisch geworden ist. Und je mehr Tiere infiziert sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus mit einem humanen Grippevirus verbindet und dann auch für Menschen gefährlich werden kann. Angesichts der Mobilität des modernen Menschen könnte das dazu führen, dass ein Erkrankter im Flugzeug andere Passagiere ansteckt und die wiederum in ihrem Zielflughafen weitere Menschen anstecken ...
Kein Mensch weiß, ob das Virus mutieren wird. Wir wissen nicht einmal, wie es sich verbreitet.
Kurt Remele: Es gibt bei diesem Thema leider eine große Widersprüchlichkeit, durch die Menschen verunsichert werden. Die WHO schätzt ja, dass es bei einer Mutation des Virus und einer Grippe-Pandemie über hundert Millionen Tote geben könnte. Und in den Medien wird ständig die Spanische Grippe von 1918 erwähnt, bei der 50 Millionen umgekommen sind.
Loupal: Der Vergleich mit der Spanischen Grippe ist insofern nicht zulässig, weil die Menschen nach dem Krieg ausgemergelt waren, die Infrastruktur schlecht und das Gesundheitssystem nicht existent war. Aber insgesamt gibt es auch unter den Fachleuten viel Spekulation: Kein Mensch weiß, ob das Virus mutieren wird. Wir wissen nicht einmal, wie es sich verbreitet. Die eine Theorie besagt, dass die Zugvögel das Virus von Asien nach Russland und weiter in die Türkei und zu uns gebracht haben - wobei aber viele Ausbreitungen dadurch nicht zu erklären sind. Deshalb halte ich die zweite Theorie für plausibler: Demnach wurde die Vogelgrippe durch den - legalen und illegalen - Geflügel- und Wildvogelhandel verbreitet. Auf asiatischen Geflügelmärkten werden ja gefangene Wildvögel mit Hausenten und Hausgänsen gemeinsam feilgeboten. Das sind prächtige Mischgefäße für Viren. Und solche Ziervögel wurden lange Zeit nach Europa transportiert.
Lehmann: Diese Verbreitungsart ist es auch, warum sich die Vogelgrippe meiner Meinung nach - wie virale Erkrankungen ingesamt - besonders gut als Metapher eignet, um gesellschaftliche Zustände zu definieren. So wie man in voraufklärerischen Zeiten gemeint hat, dass jede Zeit ihr Virus hat, kann man jetzt behaupten, dass jedes Virus seine Zeit hat. Die Geflügelpest hat ja damit zu tun, dass es in Teilen Chinas miserable hygienische Bedingungen gibt und es dort zu Übertragungen kommt, die - von Hongkong aus - in Wellen um die Erde gehen. Der globalisierte Transport, das Nomadentum, die Dislozierung sind ja Charakteristika unserer Zeit. Und bei der Vogelgrippe haben wir es nun mit einer Krankheit zu tun, die auf unbekannten Wegen große Distanzen überschreitet. Ängste vor erzwungener Mobilität decken sich plötzlich mit Ängsten vor einer Erkrankung.
Der globalisierte Transport, das Nomadentum, die Dislozierung sind ja Charakteristika unserer Zeit.
DIE FURCHE: Wobei Ängste und Risiken oft in keinem Verhältnis stehen: So meint der Globalisierungsexperte Mike Davis, Autor des Essays "Vogelgrippe. Zur gesellschaftlichen Produktion von Epidemien", dass in Deutschland nach der Entdeckung einer für Menschen gefährlichen H5N1-Variante alle binnen Stunden alarmiert wären. In der Dritten Welt aber wären Millionen Leute todkrank, bevor man überhaupt ahnt, was los ist ...
Lehmann: Man kann noch ein anderes Beispiel für dieses Missverhältnis zwischen Ängsten und betroffener Bevölkerung nennen, nämlich AIDS. Inzwischen ist AIDS ja - zumindest in Europa - auf eine vernünftige Art und Weise lebensverlängernd behandelbar. Auch als die Krankheit in Europa bekannt wurde, standen die Ängste in keinem Verhältnis zur Mortalität. In Afrika und Indien ist das Verhältnis heute umgekehrt. In Botswana, Rhodesien oder Südafrika sind ganze Generationen betroffen. Deshalb kann man sich über die hohe Aufmerksamkeit für die Vogelgrippe natürlich mokieren. Aber man muss sich auch fragen: Warum packt uns dieses Thema so? Warum verursacht es solche Ängste?
Remele: Ich muss gestehen, dass ich mich an einen Aufenthalt im Jahr 2003 in Washington DC erinnert fühle, wo ich ein halbes Jahr als Fulbright-Scholar mit meiner Familie verbracht habe - genau zu der Zeit, als der Irak-Krieg begonnen hat. Damals hatten alle in Washington Angst vor einem terroristischen Anschlag, und die Politiker haben sich in ähnlicher Weise geäußert wie heute: Ja, man muss in der U-Bahn jederzeit mit einem Giftgas-Anschlag rechnen, aber man soll sich bitte keine Sorgen machen! Auch Gesundheitsministerin Rauch-Kallat kürzlich in einem Nebensatz gemeint, es bestehe eigentlich keine Gefahr, aber Kinder sollen bitte nicht draußen im Park spielen! Solche ambivalenten Aussagen verunsichern die Menschen. Auch in Washington haben die Politiker der Bevölkerung geraten, auf "verdächtige Personen" zu achten. Aber wer ist verdächtig? Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe? Das Risiko, in Washington einen Autounfall zu haben, war objektiv gesehen viel größer.
DIE FURCHE: Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach die Medien in der Aufmerksamkeitspolitik? Der Historiker Philipp Sarasin hat sie - am Beispiel der Anthrax-Panik in den USA - sogar als "erweiterten Wirt" bezeichnet: Sobald ein Erreger dort grassiere, werde er zur "Seuche" ...
Lehmann: Das ist sicher ein nettes Bild, aber andererseits auch dumm, weil es eine Einheit von Medien voraussetzt, die es so nicht gibt. Ich glaube, dass es tatsächlich Basisängste gibt, die durch Medien verstärkt werden. Aber andererseits sollte man sich einmal ansehen, wie intensiv die Mediennutzung überhaupt ist und ob nicht der berüchtigte Stammtisch oder das Tratschen der Mütter und Väter vor der Schule intensiver wirkt als eine transportierte Medienmeinung.
Loupal: Es ist jedenfalls überhaupt nichts Außergewöhnliches, dass am Ende des Winters Vögel sterben. Zu dieser Zeit sind sie geschwächt von der Kälte und vom Nahrungsmangel. Doch jetzt wird jeder einzelne Schwan, der irgendwo tot aufgefunden wird, eine Schlagzeile. Global, egal wo. Das ist absurd. Man liest dann: Der Schwan ist tot. Man liest aber nicht, was wirklich die Ursache war. Die AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Anm. d. Red.) ist überfüllt von toten Vögeln, von denen nur eine Hand voll tatsächlich mit dem H5N1-Virus infiziert war.
Remele: Es wäre jedenfalls eine ethische Aufgabe, aufmerksam auf diese Missverhältnisse zwischen Ängsten und tatsächlichen Gefahren hinzuschauen. Die Zahl der Toten allein kann es ja nicht sein, denn hier haben wir eine sehr selektive Wahrnehmung: Obwohl wir etwa in Österreich jährlich 1000 Verkehrstote haben, in der EU 40.000 und weltweit 1,2 Millionen, würde keiner fordern, dass wir alle Autos in die Garage stellen oder verschrotten. Wenn wir aber 1000 Tote durch die Vogelgrippe hätten, dann hätten wir wohl schon alle Vögel in Österreich geschlachtet.
DIE FURCHE: "Gekeult", heißt es offiziell ...
Remele: Diese Sprachregelungen sind immer auch Ausdruck dafür, dass man etwas verdecken will. Ich würde sagen, hier geschieht eine Tiertötung, die eher dazu gut ist, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu beruhigen und die Absatzmärkte für die Landwirtschaft zu erhalten. Solche Konsequenzen sind absehbar in einer Gesellschaft, wo man bereit ist, im gesellschaftlichen Konsens den Tieren in der Massentierhaltung und in Tierfabriken massives Leid zuzufügen. Das ist übrigens auch eine "gute" christliche Tradition. Man findet das auch noch im Katechismus der katholischen Kirche, dass sich der Mensch der Tiere bedienen dürfe - um der Kleidung willen, um der Ernährung und des Vergnügens willen. Ich halte das für eine sehr undifferenzierte, problematische Aussage. Und wenn dann Tiere bedrohlich sind, dann "keulen" wir sie halt.
DIE FURCHE: Man kann das ergänzen durch die Frage, warum diese Vögel eigentlich nicht geimpft werden ...
Loupal: Das ist eine seuchenpolitische Entscheidung: Man kann mit einer Impfung zwar den Ausbruch der Krankheit verhindern, aber nicht, dass das Virus weiter verbreitet wird. Geimpfte Tiere scheiden das Virus ja trotzdem aus. Dennoch überlegen einige Länder derzeit, mit Impfungen zu beginnen. Auch ich bin übrigens kein Freund von Tötungen, aber das ist eben eine Möglichkeit, Tierseuchen einzudämmen. Wo mein Verständnis allerdings aufhört, ist, wenn das Töten - und das passiert derzeit in einigen Gegenden Russlands -, so weit geht, dass man prophylaktisch Zugvögel abschießt. Das ist zum einen ethisch nicht vertretbar und führt auch dazu, dass wir noch ein paar Tierarten mehr auszurotten. Außerdem löst man damit kein Problem: Bejagte Vögel werden ja mobiler. Sie fliegen noch weiter, als sie normal fliegen würden.
Lehmann: Dass es hier eine tierethische Frage gibt, will ich nicht bestreiten, aber da gibt es auch eine humanethische Frage, die für mich dringlicher zu klären ist: Wie wird der Zugang zu Impfstoffen und zu Wissen organisiert? Was passiert mit den Eigentumsrechten von Patenten? Auch darauf sollte sich die Diskussion beziehen.
Remele: Ich denke, man soll diese zwei Perspektiven nicht gegeneinander ausspielen, denn die Tierethik und die Humanethik hängen sehr eng zusammen. Man kann sagen, dass die Massentierhaltung mit all ihren Begleiterscheinungen - mit der Verschmutzung der Umwelt, mit dem Verbrauch von Ressourcen, von Wasser - auch menschenunfreundlich ist. Es ist also beides wichtig. Hier stimme ich mit Ihnen völlig überein. Aber das Problem, wie Medizin, Medikamente und Hilfsmittel weltweit verteilt werden, ist unter marktwirtschaftlichen Bedingungen immer gegeben: Die Pharmafirmen produzieren eben dort, wo der Markt ist - und nicht dort, wo die Not ist. Es ist etwa eine Tatsache, dass 30 bis 40 Millionen Menschen jährlich verhungern. Aber das berührt uns nicht. Wenn die Schätzungen davon ausgehen, dass etwa 100 Millionen Menschen durch die Vogelgrippe hinweggerafft werden könnten, dann könnte man sagen, dass genauso viele Menschen innerhalb von zweieinhalb Jahren an Hunger sterben. Auch hier wäre es das erste Anliegen der Ethik, genau hinzuschauen. Man muss die Menschen aufmerksam machen - für das Leid der Tiere, aber mindestens gleichrangig für Fragen der sozialen Gerechtigkeit.
DIE FURCHE: Die Abgrenzung vom Tier gehört zum menschlichen Selbstverständnis. Inwiefern könnte die Vorstellung, dass ein Virus diese Mensch-Tier-Schranke überwindet, die Vogelgrippe-Ängste weiter anheizen?
Loupal: Prinzipiell ist diese "Überwindung" nichts Neues: Es gibt einige andere Tierseuchen, die auch auf den Menschen übertragbar sind: Tuberkulose etwa, Milzbrand, Tollwut. Auch die Salmonellen, die unter den Wasservögeln weit verbreitet sind, passieren diese Schranke. Aber plötzlich wird bei der Vogelgrippe der Eindruck vermittelt, als ob man, wenn man zehn Meter an einem Wasservogel vorbeigeht, von Viren wie von Wespen überfallen würde. Doch das trifft einfach nicht zu. Wenn man diesen infizierten Wasservogel nicht in die Hand nimmt, ihn abschleckt oder die Hände, mit denen man den Kot berührt hat, in den Mund steckt, dann ist eine Folge auszuschließen.
Lehmann: Natürlich löst das Überschreiten dieser Mensch-Tier-Schranke große Ängste aus. Nun hat aber der amerikanische Geograf Jared Diamond in seinem vorletzten Buch "Guns, Germs and Steel" (1997) die fundierte These entwickelt, dass die abendländische Zivilisation, wie sie im fruchtbaren Halbmond entstanden ist, eng mit der viralen Infektion verbunden ist. Erst die größere Ansammlung von Menschen zum Zweck einer agroindustriellen Nahrungsmittelbes ... hat dazu geführt, dass größere Populationen entstehen konnten. Und innerhalb dieser Populationen gab es ein enges Zusammenleben mit den Tieren, die die Basis dieser Lebensart waren - was zu häufigeren Infektionen geführt hat. Die Größe der Populationen hat es aber verhindert, dass die Mortalitätsraten bedrohlich geworden sind. Außerdem konnten Antikörper entstehen. Der Mensch konnte sich also anpassen. Man kann es also auf die Spitze treiben und sagen: Die abendländische Zivilisation ist eng verbunden mit der viralen Infektion.
DIE FURCHE: Das könnte man kulturpessimistisch interpretieren ...
Lehmann: Ja, man könnte sagen: Die Kultur an sich ist eine Infektion. Möglicherweise würde ein indigener Amerikaner das behaupten, dessen Volk mit Ankunft des Europäers fast ausgerottet wurde, weil es nicht resistent war gegen Windpocken oder Grippeviren. Andererseits belegt diese These aber auch die Adaptionsfähigkeit des Menschen - und die Evolutionstheorie, weil der Mensch offenbar imstande ist, sich in relativ kurzer Generationsspanne auf veränderte Bedingungen einzustellen. Insofern stimmt mich das für die Vogelgrippe etwas friedvoller: Auch hier wird es zu Anpassungen kommen. Auch hier werden wir relativ schnell Antikörper bei südchinesischen Bauern erleben.
Loupal: Wir haben ja auch schon zahlreiche Grippe-Epidemien - nicht nur die Spanische Grippe - erlebt. Und die Menschheit erfreut sich - global gesehen - noch immer guter Gesundheit. Andererseits könnte man sich auch einmal fragen, warum wir das Problem der Vogelgrippe jetzt überhaupt haben? Das ist auch darin begründet, dass die enorme Expansion der Menschheit mittlerweile auch Lebensräume erschlossen hat, die früher gemieden wurden: nämlich die großen Feuchtgebiete. Es ist heute in China und auch im asiatischen Raum gang und gäbe, die Haustiere in Feuchtgebieten hinauszulassen. Gleichzeitig weiß man, dass Wildvögel immer Influenzaviren in sich tragen, wobei die meisten kaum krank machend sind. Problematisch wird es aber, wenn ein stärker pathogenes Virus entsteht und in den Hausgeflügelbestand eindringt. Diese Vermischung ist einer der Gründe, warum dieses Dilemma überhaupt entstanden ist.
DIE FURCHE: Ein Dilemma, das nun durch die Rückkehr der Zugvögel - die mittlerweile eher als infizierte Körper denn als "Nomaden der Lüfte" gesehen werden -, verschärft wird ...
Lehmann: Das führt zur absurden Situation, dass sich italienische oder französische Vogelfänger als Retter Europas fühlen dürfen. In Malta ist das größte noch existierende autochthone Lebewesen ja der Hase. Alles andere wurde abgeschossen, weil die Malteken gerne jagen - was sogar in den EU-Übergangsrichtlinien berücksichtigt wurde: Die Jagd auf Singvögel ist dort noch für ein paar Jahre erlaubt. Aber nachdem auch Singvögel oder Zugvögel lernfähig sind, haben sie in den letzten Jahren begonnen, Malta zu meiden. Die Antwort der Malteken ist nun, raus aufs Mittelmeer zu fahren und sie von Schnellbooten aus abzuschießen. Das ist absurd. Umso mehr als der Zugvogel eine der wenigen Verbindungen ist zwischen "uns hier" und "denen dort". Der Storch, der jetzt kommt, war vor drei Monaten in Tansania in einem Dorf, er ist den großen Grabenbruch entlanggeflogen, den Nil, das Rote Meer und über Israel und den Balkan zu uns. Und der soll nun das Verderben bringen?
Loupal: Nein, natürlich nicht. Wenn es Überträger unter den Wildvögeln gibt - nämlich solche, die das Virus in sich tragen und nicht sofort sterben, sondern damit über große Strecken ziehen -, dann sind es die Entenvögel und nicht die Störche oder Singvögel.
Remele: Jedenfalls hat das Bedrohungsszenario derzeit fast schon Anklänge von Hitchcocks "Die Vögel".
Loupal: Sie machen sich tatsächlich keine Vorstellung, wie sich das Image der Tiere innerhalb eines Jahres umgedreht hat: vom Frühlingsboten und Glücksbringer zum absoluten Todesengel. Das ist ein Schaden, der in den nächsten Jahren kaum gutzumachen ist ...