Fledermaus - © Foto: APA / Österreichische Bundesforste / Axel Müller

Der Ruf der Fledermaus

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Seit der Coronakrise sind Fledermäuse nicht mehr gut angesehen. Zu Unrecht: Denn sie haben erstaunliche Fähigkeiten und erweisen dem Menschen etliche Dienste.

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Seit der Coronakrise sind Fledermäuse nicht mehr gut angesehen. Zu Unrecht: Denn sie haben erstaunliche Fähigkeiten und erweisen dem Menschen etliche Dienste.

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Gelinde ausgedrückt ist es eine Katastrophe. Als Mitverantwortliche einer globalen Pandemie genannt zu werden, bedeutet den ultimativen Imageverlust. Hätten Fledermäuse ein PR-Büro, wäre dort die Hölle los. Vermutlich würde man darauf hinweisen, dass es keine direkte Übertragung von Sars-CoV-2 von Fledermäusen auf Menschen gab. Oder darauf, dass erst die Verdrängung aus dem angestammten Lebensraum und der Handel auf Wildtiermärkten jene Kette von Ereignissen in Gang setzten, an deren Ende ein neuartiges Coronavirus stand. In jedem Fall würden all jene unvermuteten Dienste angeführt, die Fledermäuse dem Menschen weltweit leisten. In den Tropen bestäuben sie Kakao, Kaffee und andere Nahrungspflanzen. Hierzulande bewahren sie uns vor so manchem Quälgeist – können sie pro Jahr doch bis zu ein Kilo Stechmücken vertilgen. Und in Zukunft könnten sie auch neue Forschungsansätze für die Medizin liefern, denn trotz ihres Rufs als „Virenschleudern“ sind sie selbst extrem resistent gegen Krankheitserreger.

Den Nachtschatten haschen

Die Genialität des Wunderwerks Fledermaus erschließt sich einem auch, wenn man Ulrich Hüttmeir auf einem seiner nächtlichen Spähzüge begleitet. Der Experte der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Öster­reich (KFFÖ) gilt als bewanderter Kenner der Tiere, der immer wieder zu Spezialein­sätzen gerufen wird. So auch an einem Herbstabend im 14. Wiener Gemeindebezirk. Am grünen Saum der Stadt, wo der Blick hinauf zum Wienerwald geht, inspiziert er einen Gemeindebau, dessen Dachboden bald saniert wird. Da unterhalb des Giebels Fledermauskot gefunden wurde, soll Hüttmeir im Auftrag der Stadt herausfinden, ob unter dem Dachfirst tatsächlich Fledermäuse Quartier bezogen haben.

Aus seinem Rucksack nimmt der Experte ein Ultraschallgerät in der Größe eines Smartphones. Kaum zehn Minuten sind vergangen, da beginnt das Gerät zu knacksen und knattern, das Display zeigt 20 Kilohertz (kHz) an. „Das ist eher im unteren Frequenzbereich, das war wahrscheinlich ein Abendsegler, der relativ hoch über uns hinweg geflogen ist“, erläutert Hüttmeir. Diese heimische Art fliegt bereits in der Dämmerung aus – daher der Name – und jagt in beträchtlicher Höhe nach Insekten. Ganz anders stellt die zweite Art, die sich an diesem Abend bemerkbar macht, ihrer Beute nach. Die Kleine Hufeisennase fliegt auf ihren Beutezügen stets knapp an Hecken, Bäumen oder Hausmauern entlang, da ihr Echoortungssystem nur knapp fünf Meter weit reicht.

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