Tierpräparate im NHM - © Foto: NHM Wien

Das Fell über die Ohren

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Tiefgekühlte Antilopen, gebackene Seegurken, gehäutete Schnepfen: Durch die Kunst der Präparation werden tote Tiere zu nutzbaren Forschungsobjekten. Doch die Ausstellung der Tierkörper wird heute zunehmend hinterfragt. Zu Besuch im Naturhistorischen Museum Wien.

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Tiefgekühlte Antilopen, gebackene Seegurken, gehäutete Schnepfen: Durch die Kunst der Präparation werden tote Tiere zu nutzbaren Forschungsobjekten. Doch die Ausstellung der Tierkörper wird heute zunehmend hinterfragt. Zu Besuch im Naturhistorischen Museum Wien.

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Die Werkstatt im Erdgeschoß des Naturhistorischen Museums Wien gleicht einem stillen Tiergarten. Auf den Arbeitstischen sitzen reglose Chamäleons, in Glasvitrinen verharren Eichhörnchen und Eichelhäher starr in Pose, vom Fensterbrett blickt einem stumm eine schwarze Katze entgegen. Dazwischen stehen und liegen Knochen, Skalpelle, Gläser mit präparierten Organen, Skizzen und Pinzetten.

„Willkommen in den heiligen Hallen der Präparation“, lacht Robert Illek, Leiter der Zoologischen Hauptpräparation des Naturhistorischen Museums (NHM). In dieser Funktion ist er einerseits für alle tierischen Ausstellungspräparate verantwortlich, andererseits wacht er über zigtausende wissenschaftliche Sammlungsobjekte. „Wir haben die Aufgabe, für die Forschung zur Verfügung zu stellen und für die Nachwelt zu erhalten“, erklärt er den dualen Bildungsauftrag des Naturkundemuseums. Seit mehr als 30 Jahren vollbringt er diesen Spagat am NHM – und hat in dieser Zeit auch erlebt, wie sich sein für die Wissenschaft und die Wissensvermittlung so zentrales Berufsfeld gewandelt hat.

Kreativität und Muskelkraft

Rund 700 tote Tiere werden jedes Jahr von Zoos, Züchtern oder Privatpersonen an die Abteilung abgegeben. Was das zu bewerkstelligende Arbeitspensum übersteigt, wird im Kühlhaus verstaut, bis Kapazitäten frei sind. So lagerten schon ganze Antilopen oder ein Exemplar des seltenen Manuls, einer in Zentralasien beheimateten Katzenart, in der Kälte.

Wird dann Hand angelegt, beginnt die Arbeit bei jedem der meist schon ausgenommenen Tiere mit dem Abziehen und dem fein säuberlichen Putzen der Haut. Bei Schnepfe, Nachtschwalbe oder Kuckuck, deren dünne Haut bei jeder Berührung reißt, wird mit der Pinzette gearbeitet. Für richtig schwere Kaliber, etwa einen Elefanten aus dem Zoo Schönbrunn, bedienen sich Illek und Kollegen anderer Hilfsmittel. Zuerst müsse man mit einem großen Messer durch die dicke Haut kommen, die dann in einen Flaschenzug eingehängt und Stück für Stück vom Körper geschnitten und gezogen wird.

„Wie bei einem Eichkatzerl, nur eben in groß“, amüsiert sich Illek. Körperlich anstrengend war die Aufgabe dennoch, erinnert er sich: „Wir haben damals zu zweit fast elf Stunden gearbeitet, das haben wir am nächsten Tag ordentlich in den Muskeln gespürt.“ Ist das Häuten erledigt, enden die Parallelen zwischen den Ursprüngen des Handwerks und seiner heutigen Ausprägung.

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