Damals, Ende der Achzigerjahre, als Gene Hackman im Hollywood-Film "Mississippi Burning" den Ku-Klux-Klan noch mit seinen eigenen Waffen (Kidnapping, Erpressung, Folter) durch den Orbit der Gerechtigkeit jagte, glaubte man als europäischer Filmkonsument noch an eine historische Reminiszenz von Ereignissen des Jahres 1964. An einen Film-Mythos der Bürgerrechtsbewegung, an dessen Ende weiß und schwarz gemeinsam Gospel singen für den gemeinsamen Gott des Fortschritts, der Toleranz und der Menschenrechte.
Jenseits solcher harmonischer Mythen scheinen sich die USA aber seit 1964 gar nicht verändert zu haben. Wer im Süden des Landes in einen öffentlichen Bus steigt, wird die Schwarzen auch 60 Jahre nach der heldenhaften Rosa Parks im rückwärtigen Teil sitzen sehen und auch sonst permanent auf Zeichen gelebter rassischer Segregation stoßen. Die ist zwar keineswegs gesetzes-oder verfassungskonform, aber traditionsverbunden allemal. Vor dem Hintergrund dieser Kastengesellschaft ist das Verhalten weißer Polizisten nicht verwunderlich, die sich so verhalten wie ihre Kollegen in den 60er-Jahren. Die sechs Kugeln auf Michael Brown waren kein unglücklicher Unfall oder bloß individuelles Fehlverhalten irregeleiteter Ordnungshüter. Sie waren Auswuchs eines Systems, das seit Generationen wirkt und in dem die Hautfarbe Lebenschancen und Existenzmöglichkeiten prägt.
Schwarze im Süden verdienen um 72 Prozent weniger als die Weißen. Die Arbeitslosigkeit unter Schwarzen ist dreimal so hoch wie jene unter Weißen. Die strukturelle Armut kombiniert mit einem elitären, privatkosten-intensiven Bildungssystem konserviert den Rassismus. Jemand, der nichts hat, kann gar nicht anders, als weiter nichts zu haben.
Wie also reagieren auf Ferguson? Die Nationalgarde zu schicken, wie geschehen, ist eine Antwort. Das war auch in den 60er-Jahren in Mississippi so. Damals marschierten die Soldaten zum Schutz der Schwarzen. Heute müssen sie hingegen die Weißen schützen, weil die seit der Sklavenbefreiung weder aus der Geschichte gelernt haben noch bereit sind, die eigenen Gesetze zu achten.
