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Der 100. Geburtstag...

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Im nächsten Jahr kann der Klan seinen hundertsten Geburtstag feiern. In Pulaski, einer Kleinstadt im Staat Tennessee, schlössen sich am 6. Mai 1866 ein paar Dutzend ehemalige Soldaten und Offiziere der konföderierten Armee zu einer logenartigen Gruppe zusammen, um einerseits den Schwarzen, die sozusagen durch die Niederlage der Sezessionisten „befreit“ waren, doch weiterhin Respekt vor der alten Tradition des patriarchalisch aufgebauten südstaatlichen Gesellschaftssystems beizubringen, anderseits zu beweisen, daß man sich nicht widerstandslos der sieh teilweise hemmungslos bereichernden nordstaatlichen „Besatzung“ zu beugen gewillt war.

Als diese schließlich abzogen und sich herausstellte, daß die Rechte der Neger weitgehend auf dem Papier standen, verlor der Klan an Anziehungskraft.

Seim Führer, General Bedford Forrest, Kriegsheld der konföderierten Kavallerie, löste ihn schließlich im Jahre 1869 auf, als „unkavaliermäßige“ Elemente ihn zu ungesetzlichen Lynchakten „mißbrauchten“. Und Präsident Grant nahm unter unterirdisch weiterbestehenden Restgruppen Verhaftungen vor, die im übrigen größtenteils untereinander verfeindet waren.

Im Jahr 1915 erstand das „Unsichtbare Reich des Reichszauberers“ („Imperial Wizard“) von neuem.

Diesmal mit dem Vorzeichen eines allamerikanischen Chauvinismus, der alle „Fremden“, die nicht angelsächsisch-protestantischer Herkunft waren, für geheime Agenten des Feindes erklärte.

In Georgia wurde auf Bergeshöhen beim Abbrennen eines riesigen Feuerkreuzes ein neuer „Reichszauberer“ gewählt, für Einzelstaaten „Dragons“ (Drachen) als Gauleiter eingesetzt, das Ritual verstärkt und eine großzügige Werbung eingeleitet, der es gelang, in den nächsten 10 Jahren selbst im Norden starke Gruppen aufzubauen. Der Ku-Klux-Klan soll schließlich vier Millionen Mitglieder gehabt haben, und mehr als ein Politiker gewann eine Wahl nur mit seiner Hilfe. Im Jahre 1925 haben 25.000 vermummte, maskierte Klan-Leute vor dem Weißen Haus demonstriert und energisches Vorgehen gegen alle „fremden Einflüsse“ verlangt (Juden, Katholiken, Emigranten), die man inzwischen als fast so gefährlich wie die „Nigger erkannt hatte...

Darwinismus, Alkoholismus, Gewerkschaften, Sozialismus und alle „liberahstischen Abweichungen vom puritanischen Weltbild wurden mit verschiedener Lautstärke in die „antiamerikanische Verschwörung mit einbezogen ... Nach dem Ende des ersten Weltkrieges ließ auch der Einfluß des zweiten Klan nach, nachdem er stärker noch als sein Vorgänger es mit der „Bestrafung all derer, die seinen Grundsätzen zuwiderhandelten, ernst meinte.

Der Nachwuchs blieb aus.

Zur Zeit des zweiten Weltkrieges ließen nationale Solidarität, Technisierung des öffentlichen Lebens,moderne Ideen in Erziehung, im Verhalten von Einzelkirchen im sehr : gespaltenen Protestantismus die The sen des Klan unmodern erscheinen.

Man hörte kaum noch von ihm, insbesondere, weil in steigendem Maße innerorganisatorische Kämpfe zwischen „Drachen“ und „Zauberern“ nicht gerade dazu angetan waren, das „unsichtbare Reich als Machtfaktor eindrucksvoll zu erhalten.

Außerdem gab es inzwischen neue rechtsradikale Gruppen, die ohne viel Zauberei in verständlichem Englisch ähnliche Gedanken verbreiteten. Wer zum Beispiel von den inzwischen statt der ursprünglich auf 10.000 jetzt auf 50.000 von den Behörden veranschlagten Mitgliedern des Klans hat jemals gewußt, daß der Name auf das griechische Wort Kyklos (Zirkel) zurückgeht — oder hätte sich dafür interessiert?

Die Beziehungen der einzelnen Klans zueinander sind schwierig zu entwirren. Und auch ihre Taktiken sind verschieden.

Während etwa der am meisten photographierte 37 Jahre alte Robert Shelton, der „Kaiserliche Zauberer der Vereinigten Klans von Amerika, der kürzlich nicht nur über seine Finanzen, sondern überhaupt so ziemlich alle Auslagen vor dem Washingtoner Untersuchungsausschuß verweigerte, mit der sozusagen „anständigen John Birch Societys des ehemaligen Bonbonfabrikanten Welsh zusaimimenzuar-beiteten versucht, haben in bestimmten Städten Alabamas, Mississippis,Georgias Gruppen der „Weißen Ritter des Ku-Klux-Klan, ihrer eigenen Aussage zufolge die mächtigere Föderation, ausgesprochen konspirative Fünfergruppen ins Leben gerufen, die des Nur-Redens müde sind und ungefähr auf der Linie des am 20. April 1965 von der „New York Post zitierten Häuptlings stehen, der, „um die kommunistische Machtübernahme in Washington zu beenden, der Meinung war: „Wir müssen für eine Weile jemand anderen an die Macht bringen. Das mag eine blutige Revolution nötig machen...

Nun muß man sicherlich solche Rhetorik nicht zu ernst nehmen, aber es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß sich der Klan, seit er 1946 seine dritte Wiedergeburt erlebte, diesmal unter dem Signum des Antikomtnunismus einerseits, der Abwehr der Zivilrechtsbewegung für die Neger anderseits von neuem und diesmal teilweise unterirdisch organisiert und für ständige Gewalttätigkeiten gegen Bürgerechtsvertreter weitgehend verantwortlich ist.

Der Klan, in seiner dritten Periode, ist eine reine Terrororgänisation geworden, wo „Aktivisten“ die „Vereinsmeierei“ hinter sich gelassen haben, was das Federal Bureau of Investigation besonders dort alarmiert, wo örtliche Sheriffs ihm angehören oder mit ihm sytmpathisieren.

Wenn das Kongreßkomittee tief genug in die Hintergründe seiner i Aktivitäten beziehungsweise seines inneren Zirkels hineinleuchtet (und das gilt für alle rivalisierenden Fraktionen), dürfte nur eins bleiben: das Verbot als einer kriminellen Organisation. Was nicht jedes Zu-fallsmitglied zu einem Verbrecher macht, ebenso wie nicht jeder „Kommunist“ ein solcher ist!

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