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Die Kraft des Quadrats

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Die symmetrische Formation aus vier Musikern, das Quartett, in der Waage zwischen Virtuosität und Solistenkult und Verkörperung kollektivem Startums, scheint jenes ideale Maß zwischen Regeln und Freiheit zu besitzen, die Kunst voraussetzt. Ein Mythos, den auch politische Repression nicht zerstören konnte.

Gerade in der Gegenwart haben Streichquartette die eingeschlafene Dramaturgie traditioneller Konzerte in Frage gestellt: das amerikanische Kronos-Quartett entwickelte ein Styling des Outfits und der Lichtdramaturgie und hat außerdem versucht, außereuropäischen Komponisten ein musikalisches „Gefäß” anzubieten, das Emerson-Quartett ist mit Pop-und Jazz-Bearbeitungen erfolgreich, das Wiener Motus-Quartett spielt Eigenes und Bearbeitungen bis zu Jimi Hendrix, unterstützt von der Lichtbild-Künstlerjn Victoria Coeln.

Für Georges Zeisel ist das Streichquartett Symbol der kulturellen Identität Europas. Der Sohn eines österreichischen Emigranten führt sei 1987 in Paris die Institution „ProQuartet”, die sich der Wahrung und Weitergabe dieser kammermusikalischen Kunst widmet.

Zeisel, kürzlich Gast des Direktors des französischen Kulturinstituts in Wien, sieht seine Arbeit als direkte Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen Komponisten und Inter-Ereten, wie dies in der Vergangenen der Fall war. Mitglieder des Amadeus-Quartetts, des LaSalle und Julliard Quartetts unterrichten.

Obwohl in Wien entwickelt, und bruchlos getragen bis zu berühmten Quartetten wie Rose, Kolisch oder Rusch, wurde die Tradition politisch bedingt aus Osterreich vertrieben und überlebte nur dank der Gastfreundschaft der Vereinigten Staaten und Großbritanniens - wo etwa das Amadeus-Quartett lebt. Zeisel lädt auch überlebende Zeitzeugen zum Unterricht ein, wie den Widmungsträger des Alban-Berg-Violin-Konzerts, Louis Krasner oder den exilierten Wiener und Konzertmeister des Israel Philharmonie Orchestra, Felix Galimir. Musiker, die selbst noch mit Schönberg und Bartok gearbeitet hatten.

Als die Träger dieser Tradition als entartet vertrieben wurden, bekam die Treue zur ursprünglichen Textfassung eine besondere Bedeutung: Zeisel glaubt an den Zusammenhang zwischen jüdischer Worttreue und Verantwortung gegenüber dem Urtext - in den Noten oder übrigen Wiedergabeschriften.

Die Beschäftigung mit der Tradition ist für Zeisel Ausgangspunkt für Innovation. Erst die Frage „Warum spielt ihr das so?” setzt andere Angaben, wie „Das war schon immer so” außer Kraft. Die Tradition trägt Kraft zu Neuem in sich.

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