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Walter Toman

"Ich war nicht in der Literatur zu Hause - ich habe sie eher nur genossen, wie ein Schmetterling." Das ist eine durchaus charakteristische Selbsteinschätzung Walter Tomans, die seiner realen Rolle in der literarischen Szene der Jungen nach 1945 aber durchaus nicht entspricht.

1945 war er Assistent am Psychologischen Institut in Wien, wo Hertha Kräftner und Wolfgang Kudrnofsky studierten; mit Ingeborg Bachmann besuchte er Veranstaltungen im Institut für Wissenschaft und Kunst; sein Büro stand der Redaktion von Das tägliche Bemühen, einer der ersten Anthologien nach 1945, zur Verfügung. Tomans veristische Gedichte, die jede Beschwichtigung abwehren, und seine sensiblen Erzählungen sind in allen einschlägigen Anthologien und Literaturzeitschriften der Zeit zu finden.

Dass der Schriftsteller Walter Toman trotzdem weitgehend in Vergessenheit geriet, lag primär daran, dass er sich auf seine erfolgreiche Karriere als Wissenschaftler konzentrierte. Geboren am 15. März 1920, kehrte er nach schwerer Verwundung 1942 nach Wien zurück, wo er 1944 sein Psychologiestudium abschloss. Einem Amerika-Aufenthalt 1947/48 folgte nach seiner Habilitation 1951 die Berufung an die Harvard Universität. Von 1963 bis zu seiner Emeritierung 1985 und darüber hinaus war Toman als Professor für Psychologie an der Universität Erlangen tätig.

Sein literarisches Werk umfasst neben dem Lyrikband "Distelvolk" (1955) und dem Kurzroman "Das Dorf mit dem Drachen" (1959) etwa 200 Erzählungen. 23 davon wurden Anfang der fünfziger Jahre unter dem Titel "Die eigenwillige Kamera" (1951) bzw. "Busses Welttheater" (1952) publiziert. In den neunziger Jahren erschienen der Erzählband "Heilsame Abstände" und zwei Sammlungen mit erzählerisch verarbeiteten psychotherapeutischen Fallgeschichten.

Beharrlich und unprätentiös stellte Toman als Erzähler und Wissenschaftler die Frage nach den Motiven menschlichen Verhaltens, immer überzeugt von der Lernfähigkeit des Menschen. Am 28. September ist Walter Toman nach kurzer schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie in Wien gestorben.

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