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Zwei Jugendliche brachen im August 2009 in einen Kremser Supermarkt ein. Die alarmierten Polizisten schossen. Einer starb, der andere wurde schwer verletzt. Über den Fall wurde intensiv berichtet. In einigen Medien wurde auch die Identität der Jugendlichen preisgegeben und ein leicht verschwommenes Foto des überlebenden jungen Mannes veröffentlicht. Es zeigt ihn mit nacktem Oberkörper, den er mit dem Handy im Spiegel aufgenommen hat.

Der Jugendliche machte in einem Medienverfahren neben Ansprüchen wegen Verletzung seines Identitätsschutzes auch die Verletzung seines höchstpersönlichen Lebensbereiches geltend. Die Veröffentlichung des Fotos sei im Zusammenhang mit der Kriminalberichterstattung bloßstellend. Niemand müsse es sich gefallen lassen, ohne Zustimmung in einer Zeitung nackt dargestellt zu werden. Er habe das Foto auf der Website netlog nur wenigen Freunden zugänglich gemacht und es lange vor dem Vorfall im Supermarkt gänzlich aus dem Internet entfernt.

Die Gerichte wiesen diesen Anspruch ab. Sowohl das Landesgericht als auch das Oberlandesgericht Wien sind der Ansicht, dass sein höchstpersönlicher Lebensbereich nicht verletzt wurde. Die Abbildung des nackten Oberkörpers sei nicht bloßstellend gebraucht worden und weise keinerlei Bezug zum Sexualleben auf. Der nackte männliche Oberkörper sei ohnehin in verschiedenen Situationen des Alltagslebens "durchaus üblich und schicklich wahrnehmbar“.

In der mündlichen Begründung wurde noch angemerkt, dass der Jugendliche das Foto ohnehin selbst öffentlich zugänglich gemacht habe, obwohl auf das Foto tatsächlich nur wenige Freunde zugreifen konnten. Hier wird in der Gerichtspraxis nicht differenziert, welcher Öffentlichkeit ein Foto zugänglich gemacht wurde. Internetnutzer müssen also auch mit solchen Folgen unbedachter Fotoveröffentlichungen leben.

* Die Autorin ist Medienanwältin und vertritt u.a. den "Standard“

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