DIE KRANKE WELTMACHT. Von Janko Musulin. Verlag F. Molden, 304 Seiten, S 135.—.
Musulin versieht seine brillant geschriebene Darstellung mit keinem Fragezeichen. Und tatsächlich: Ist dieses siegreiche Amerika, auf das ein geschundenes Europa 1945 hoffte und auf das die Massen in der Dritten Welt noch immer hoffen, wenn sie sich nicht bereits dem Kommunismus zugeordnet wissen wollen, nicht bereits tatsächlich krank? Musulin gibt Im Grund so wenig eine Antwort wie irgendwer in oder außerhalb der Neuen Welt zwischen Freiheitsstatue und Golden Gate. Aber er weiß den Leser mit einem Optimum von Gefühl für das Unsichtbare, nicht Transparente an diese Gesellschaft heranzuführen, in deren historischem Spektrum ein Lincoln oder Edison ebenso selbstverständliche Plätze besitzen wie das Banditenpaar Bonnie und Clyde. Dieses Amerika ist nach wie vor ein Land eines Prometheus — der sich den Augen eines „ungehaltenen
Europäers“ (wie Musulin jahrelang als Glossist die Wiener „Presse“ bereicherte) mit seinem Kräftespiel ebenso zeigt wie mit seinem Lebergeschwür. Beides ist für die Welt gleichermaßen bedeutsam. Aber Musulins Philosophie (und das Buch ist nicht nur ein zeithistorisches im üblichen Sinn) weiß auch im Untertitel nicht allein „Niedergang“, sondern auch den „Wiederaufstieg der amerikanischen Gesellschaft“ zu analysieren. Dieses Amerika mit seinem Underground, seiner vernachlässigten eigenen Stadtstruktur hat der Welt alle Facetten seines Seins und Werdens durchaus noch nicht gezeigt. Das Land der Monderoberer hat einen Vorstoß in die Zukunft der Menschheit bereits jetzt gewagt — um uns erst den Nachvollzug zu ermöglichen. So ist Amerika auch für den bewußten Europäer Musulin nicht allein Ziel einer kontinentalen Neidgenossenschaft — sondern beispielhafte Vorausnahme einer partnerischen Entwicklung. Eine große Welt — in der unsere ihre Probe hält.
