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Ein österreichischer Low-Budget-Film, der international reüssiert oder: Eine Hommage an „La Pivellina“

Ein zweijähriges Kind als Schauspielerin? Und ob. Schon allein dafür, was Tizza Covi und Rainer Frimmel aus der kleinen Asia (Bild oben) darstellerisch herausholen, gebührt den beiden Filmemachern alles Lob dieser Welt. Kein Wunder, dass „La Pivellina“ die diesjährige Viennale eröffnen durfte – erstmals übrigens ein Film aus Österreich. Kein Wunder, dass ein Preisregen auf dieses Kleinod an Film niederprasselt – begonnen hat es bei der Premiere in Cannes mit dem „Europa Cinemas Label“, vorläufiger Schlusspunkt war letztes Wochenende der Preis der Grand Jury beim Festival in Mumbai.

Als ob die beiden Regisseure, die Dokumentarfilm vorgeben und Spielfilm machen, den guten alten Neorealismo im 21. Jahrhundert neu erstehen lassen. Keine Frage, dass dieser Film in Rom spielen muss. Vittorio De Sica, schau oba!

Vittorio De Sica, schau oba!

Die feuerrothaarige Patty und ihr Mann Walter überwintern in einer römischen Gstättn mit ihrem Wanderzirkus. Als Patty ihren Hund sucht, trifft sie am Spielplatz auf die gerade zweijährige Asia, die mutterseelenallein auf der Schaukel sitzt. Offenbar ausgesetzt, auch wenn sich die Mutter per Briefzettel hin und wieder bemerkbar macht.

Patty nimmt die Kleine bei sich auf und lässt sie an ihrem und Walters kargen Leben im Wohnwagen teilhaben. Auch der 14-jährige Tairo, der ebenfalls auf der Gstättn lebt, kümmert sich um das Mädchen … Und so entsteht in der Vorläufigkeit dieser Gemeinschaft eine fragile Geborgenheit, in der zum einen Asia sich wohlfühlen kann und die zum anderen diese Gruppe am Rand der Gesellschaft zusammenhält.

Heroisch sind nicht die großen Helden, sondern eine Zirkus-Überwinternde, die im Augenblick entschieden hat, das Richtige zu tun. Und dafür nicht nur ihre Kraft und – ja auch! – ihre Liebe hergibt, sondern die sich und diese vierköpfige Adhoc-Familie beschenkt: Zivilcourage ist keine große Geste, sondern nichts anderes, als einen richtigen Augenblick zu erkennen und beim Schopf zu packen.

Dass das einen Spielfilm lang gelingt, liegt an der Filmkunst von Rainer Frimmel und Tizza Covi. Aber auch an einem Laienensemble, aus dem nicht nur Asia heraussticht. Die Protagonisten heißen so wie im richtigen Leben, und Patrizia Gerardi, wie Pattys voller Namen lautet, errang für ihre Darstellung auch ihrerseits den einen oder anderen Preis.

Ein Film wie „La Pivellina“ ist kein so spektakulärer Erfolg, wie ihn Haneke & Co vormachen. Aber für die Reputation von Österreichs Filmschaffen mindestens so wichtig wie zuletzt „März“ von Händl Klaus. Und künstlerisch eine Offenbarung .

La Pivellina

A/I 2009. Regie: Rainer Frimmel und Tizza Covi. Mit Patrizia Gerardi, Tairo Caroli, Asia Crippa, Walter Saabel.

Verleih: Stadtkino. 100 Min.

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