Theater braucht Blutauffrischung

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Die Politiker von Stadt und Land sehen sich gezwungen, die dringenden Subventionen für die Theater immer mehr zu kürzen. Sie zeigen nur mäßiges Engagement für eine traditionelle Kunstform, die zugegebenermaßen viel zu selten mit neuem Leben erfüllt wird.

Daran sind allerdings die Verantwortlichen selbst schuld. Nur selten war bei der Besetzung der Direktorenposten Mut zur Erneuerung spürbar. In einigen Fällen wurden Künstler bestellt, die sich eine Altersversorgung verdient hatten oder die dem Gesetzgeber braves und kostensparendes Verhalten garantieren. Direktoren inszenieren, spielen bisweilen mit ihren schauspielernden Gattinnen, beschäftigen Familienmitglieder, loben sich und ihr Theater selbst. Kaum jemand merkt den Verlust der Kräfte und Persönlichkeiten, der mit der schleichenden Bedeutungslosigkeit verbunden ist. Ist es wirklich vorbei mit unseren Stadt- und Staatstheatern?

Die Welt hat noch kein Dichter verändert. Wozu also das Theater? Nach Frank Castorfs viel gelobter und viel kritisierter Münchner Horváth-Aufführung von "Kasimir und Karoline“ wurde mir wieder bewusst, was Theater vermag. Mit entfesselter Fantasie, mit einer geradezu anarchischen Lust wurden der ganze Wahnsinn und das Chaos unserer Zeit in einer aus den Fugen geratenen Aufführung den Zuschauern entgegengeschleudert. Das hat gepackt, das hat verärgert, das war geschmacklos und zu lang. Dennoch ist man wach geworden. Wie oft schläfert uns Theater ein? Wie oft ist es nur noch die Hülle einer überlieferten Tradition?

Es kann mehr sein, es muss wieder mehr sein. Nur dann kann es überleben. Ganz egal, ob als Staats-, Stadt- oder sonst irgendein -theater. Wir, das Publikum, müssen hungrig sein danach. Die Theatermacher müssen unseren Hunger schüren. Sattheit ist die schlechteste Voraussetzung für die Kunst.

* Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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