Vom Kaiserhof in die DDR-Halle

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Vom prachtvollen Kaiserhof des Stiftes Klosterneuburg in das DDR-Ambiente der Babenbergerhalle: Diesen schweren, regenbedingten Gang mussten Publikum und Mitwirkende kurz nach Beginn von Wolfgang Amadeus Mozarts "Entführung aus dem Serail" antreten. Im muffigen Ausweichquartier aber zog das erprobte Erfolgsrezept von Intendant Michael Garschall - junge Sänger, eine konventionelle, aber spritzige Regie, klassische Kostüme - nicht mehr. Alexander Hauers Inszenierung - ein Rudiment, das draußen vielversprechende Bühnenbild (Elisabeth Binder-Neururer) - drinnen eine Andeutung.

Zwangsweise richtete sich die volle Aufmerksamkeit auf die Darsteller. Über den manierierten, grüblerischen Selim Bassa von Gregor Seberg lässt sich streiten. Über die Unzulänglichkeiten so manchen Sängers leider nicht. Vor allem Kerstin Grotrian (Blonde) stößt an deutlich hörbare Grenzen, ihre Koloraturen sind bloß brüchige Ruinen. Wolfram Igor Derntl (Pedrillo) fehlt es an Puste, wenngleich ihm keine schweren Fehler unterlaufen. Ordentlich ist Stephen Chaundy (Belmonte), Kristiane Kaiser (Konstanze) klingt vielversprechend, doch fehlt es ihr noch an Individualität. Auch manche Spitzentöne gerieten ihr zu kraftlos. Daran mag Erschöpfung schuld sein, schließlich gewann sie wenige Tage zuvor den Belvedere-Gesangswettbewerb (im Fach Operette). Auch für das trotz allem begeisterte Publikum war Joseph Garcia (Osmin) der Held des Abends: ein begnadeter Komödiant, eine Stimme, die selbst in den tiefsten Lagen schimmerte wie der gestählte Körper des schwarzen Amerikaners. Das die Vorstellung letztlich rettende Fundament legte Guido Mancusi, der die frisch und unverfroren musizierende Sinfonietta Baden souverän leitete.

Bei Schönwetter lohnt es wahrscheinlich, sich in den Klosterneuburger Kaiserhof entführen zu lassen, bei Regen sollte man seine Karten besser verfallen lassen.

Michael Krassnitzer

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