W. Stadler - Intellektueller mit Bodenhaftung

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Die Wirtschaftsuniversität Wien holt sich einen ihrer in der Wirtschafts-praxis erfolgreichen Söhne zurück: Dr. Wilfried Stadler, Absolvent der Volkswirtschaftslehre, wird ab nächstem Jahr als Honorarprofessor für Wirtschaftspolitik an der WU Wien Vorlesungen halten und Diskussionen führen. In einem kleinen Kreis verlieh der Rektor, Studienkollege Christoph Badelt, in diesen Tagen dem Generaldirektor der Investkredit Bank AG den ehrenvollen Titel. Stadler sei für diese "Ehrung, Auszeichnung und Berufung" mehrfach geeignet, meinte Seine Magnifizenz. Wie wahr.

Zu Honorarprofessoren werden Persönlichkeiten berufen, die an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis tätig seien, so Badelt. Was auf Stadler zutrifft: Er blickt auf eine sechsjährige Praxis im familieneigenen Industriebetrieb zurück, war drei Jahre wirtschaftspolitischer Referent im Österreichischen Wirtschaftsbund, trat 1987 in die Investkredit Bank AG ein, wurde 1995 Mitglied und 2002 Vorsitzender des Vorstandes. Der bewährte Praktiker nahm sich Zeit für Wissenschaft und Publizistik.

Sein zwölf Seiten umfassendes Werkverzeichnis führt mehr als 40 Beiträge für Sammelwerke und Zeitschriften an, nennt mehr als 90 Vorträge und ebenso viele Zeitungsbeiträge, verweist auf zwölf bereits geleistete Lehraufträge und nennt Stadlers im Lauf der letzten Jahre mehrfache Herausgeberschaft. Seit Jahren ist der ausgewiesene Intellektuelle mit Bodenhaftung Herausgeber und seit kurzem Autor dieser Wochenzeitung. Das macht DIE FURCHE stolz.

In seinen Schriften und Vorträgen zur Volkswirtschaftslehre und, wie er sagt, "eigentlich Sozialökonomie", hat Wilfried Stadler stets auf die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft aufmerksam gemacht, nicht zuletzt Ethik, Verantwortung und Maßhalten eingefordert. Wiederholt, ja geradezu hartnäckig, verlangt er seit Jahren, die Strukturen und Regeln der Finanzierung von Unternehmen noch besser in vernünftige Rahmenbedingungen zu stellen. Stadlers Schriften lesen sich heute wie frühe Mahnungen.

Zentrales Element der Marktwirtschaft "ist das Primat der Politik", schrieb Wilfried Stadler vor über zehn Jahren in dem Magazin Conturen. Als Denker der Ordnungspolitik forderte er - vor zehn Jahren! - "kartellpolitische Antworten und institutionelle Antworten", um das in seiner "spekulativen Dimension längst auch von Insidern als brandgefährlich eingeschätzte, vagabundierende Kapital wieder in den Griff zu bekommen".

Man ist versucht zu sagen, Stadler habe die Wirtschaftskrise kommen sehen, und zwar in allen Facetten. So warnte er im Jahr 2000 vor der "möglichen Überbewertung der Beteiligungsunternehmen", vor der "spekulativen Überschätzung künftig erzielbarer Marktkapitalisierungen". Die Gefahr sah er in den Versuchen, durch extreme Verschiebung von Ertragsströmen in die Zukunft betriebswirtschaftliche Grundtatsachen außer Kraft zu setzen: "Nicht alles, was Blüten treibt, dient dem Kapitalmarkt zur Zierde."

Der Vater zweier erwachsener Kinder, verheiratet mit der früheren Journalistin und nunmehrigen Psychotherapeutin Eva Stadler, pflegt in der Freizeit Kultur (Literatur, Theater, Konzerte, Ausstellungen) und den Laufsport. Sein Laufpartner versichert, es seien Gespräche, die ihm während des Trainings höchste Konzentration abverlangten. Zuletzt kaum. Die Krise strich die Laufstunden aus Stadlers Kalender.

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