Wahrheit macht frei

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Sehenswert: Goethes "Iphigenie" im Wiener Volkstheater.

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Sehenswert: Goethes "Iphigenie" im Wiener Volkstheater.

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Das Burgtheater setzte rasch noch zwei Goethe-Abende an - mit Heinrich Schweiger und mit Will Quadflieg -, aber nur ein großes Wiener Theater, das mit dem nach wie vor besten Spielplan, liefert im Jahr von Goethes 250. Geburtstag die Inszenierung eines Goethe-Dramas - Emmy Werners Volkstheater. Anhänger zeitgeistiger Regieberserker, die Stücke bis zur Unkenntlichkeit zertrümmern und mit eigenen Platitüden "bereichern", kommen übrigens bei dieser "Iphigenie auf Tauris" kaum auf ihre Rechnung.

Goethes Version der Geschichte der griechischen Königstochter - inhaltlich die Fortsetzung der gerade im Volkstheater laufenden "Elektra" - ist ein Plädoyer für Versöhnung statt Gewalt, für Ehrlichkeit statt List und für die Frau als ebenbürtige Partnerin des Mannes. Kein guter Zweck heiligt böse Mittel, mit Raub und Betrug baut man kein neues Leben auf. Letzlich dominiert nicht nur eine humanistisch-aufklärerische, sondern eine zutiefst christliche Zentralaussage: Die Wahrheit wird euch freimachen. Dazu kommt die Betonung des Gastrechtes und der Toleranz gegenüber Fremden. Der vermeintliche Barbar läßt durch seine Großmut das Stück versöhnlich enden.

Antje Lenkeit inszenierte am Volkstheater dieses Paradestück deutscher Klassik wenigstens ohne viele Mätzchen und hätte ruhig auch auf die wenigen - etwa das Transistorradio und den Reisekoffer - verzichten können. Goethes Sprache erweist sich als Wohltat im Vergleich zur Diktion vieler moderner Dramen, der gut konstruierte Ablauf der Handlung läßt keine Langeweile aufkommen.

Michael Rastl (Thoas), Günter Franzmeier (Orest), Thomas Evertz (Pylades) und Thomas Stolzeti (Arkas) machen mit kleinen und größeren Einschränkungen ihre Sache recht gut, doch entscheidend für das Gelingen des Abends ist Gundula Rapsch (Iphigenie). Wie sie spielt und spricht, fast in jeder Phase natürlich und glaubwürdig, mit Goethes schwierigen Versen ebenso selbstverständlich wie ausdrucksvoll umgehend, vor allem das macht diese Aufführung sehenswert.

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