Wer liebt wie und wer liebt mehr?

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Shakespeares "Was ihr wollt" als stürmische Komödie am Burgtheater.

Mit Küssen, die keinen Aufschub dulden, startet das Burgtheater die neue Saison. Burgschauspieler Roland Koch (ursprünglich als Malvolio vorgesehen) hat Shakespeares "Was ihr wollt" in Szene gesetzt, nachdem Andrea Breth die Arbeit zurücklegte. Dass Kochs Regiedebüt teilweise unausgereift anmutet, mag daher nicht verwundern, dennoch ist ihm eine stürmische Komödie gelungen, ein Meer an Gefühlen, die alle einen Adressaten suchen. An diesem Abend erleiden neben den Geschwistern Viola und Sebastian alle Figuren Schiffbruch, sowohl die idealisierte Liebe des Herzogs Orsino als auch die deftigen Begierden des Sir Toby, wenn sie am Ende im Regen einem zweifelhaften Happy-end entgegenschreiten. Im Hafen der Ehe stellt sich erneut die Frage, was zuerst war: Gefühl oder Objekt? Vor der Kulisse überdimensionaler Fische befindet sich eine Sofalandschaft (Annette Murschetz), und je nachdem, wer darauf zum Sitzen kommt, wird im plakativ gestalteten Meer der Liebe mit Küssen bedeckt, wird zum Verbündeten, zum Angebeten oder Nebenbuhler auserwählt. Dorothee Hartinger kokettiert gekonnt mit der Androgynität ihrer Viola, an deren Trugbild die alte Frage -Wer liebt wie und wer liebt mehr: Mann oder Frau? - in der Leichtigkeit dieser Komödie neu verhandelt wird. Cornelius Obonya führt mit dem Augenzwinkern des einzig Wissenden durch die ungestümen Emotionswellen der eigens verfassten Lyrics von Albert Ostermaier. Koch macht aus der tiefgründigen Narrenrolle einen Teiresias - den blinden Seher, der in beiden Geschlechtern zu Hause ist und die Figuren in ihren Illusionen desavouiert. Olivia (übertrieben aufgewühlt: Corinna Kirchhoff) wirbelt - zynisch die selbstmitleidige Zuneigung des Herzogs Orsino (Franz J. Csencsits) zurückweisend - in Violas Arme und zerrt für einen äußeren Schein entflammt Sebastian (Philipp Hauß) vor den Traualtar.

Getragen wird diese Produktion von der komödiantischen Präzision des Nicholas Ofczarek (Sir Tobias Rülp) und Wolfgang Michael (Sir Andrew Bleichenwang), die ihre Begierden in Eierlikör ertränken, während Michael König seinen Malvolio allzu platt der Lächerlichkeit preisgibt. Koch nimmt den Titel wörtlich, und so kriegt jeder, was er will, oder wie der Narr verheißt: "Es war ein Spaß. Und er war nicht schlecht."

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