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Atomwaffen und öffentliche Meinung. Von Dr. Robert Jungk die furche, 29. 3. 1958

Vor einem Jahr entschloß sich Albert Schweitzer nach langen inneren Kämpfen, aus seiner Reserve herauszutreten und in einem öffentlichen Aufruf vor der Fortsetzung der Kernwaffenversuche zu warnen: Dieser Appell fand ein weltweites Echo. Aber die Atombombentests wurden fortgesetzt! In den letzten acht Monaten explodierten mehr Versuchsbomben (sowohl amerikanische wie sowjetische und englische) als je während irgendeiner gleich langen Zeitspanne zuvor. [...]

Waren also die Versuche, die öffentliche Meinung zu mobilisieren, trotz der gewaltigen Wirkung, die sie zunächst ausübten, vergeblich? [...]

Norman Cousins, Herausgeber des in New York erscheinenden "Saturday Literary Review", der am Zustandekommen des Appells von Schweitzer beteiligt war, unterhielt sich einige Monate danach mit ihm und notierte für seine Freunde folgendes über dessen Reaktion: "Er sagte, die augenblickliche Lage empfinde er als herzzerbrechend. [...] Er würde gern glauben und hoffen, daß bald etwas geschehe, auf Grund dessen die Wolken plötzlich aufrissen, aber er könne leider keine Anzeichen dafür erblicken, daß schon genügend Leute beunruhigt genug seien, um eine solche Klärung herbeizuführen [...]."

Schweitzer, der diese Unterhaltung mit Cousins gerade führte, als die Londoner Abrüstungsgespräche noch im Gange waren, erklärte, daß er die Bedeutung der Presse und die Aufklärung der Oeffentlichkeit über die Atomgefahren hoch einschätze. Er hoffe, daß die Abrüstungsdebatte und die Probleme der radioaktiven Verseuchung von Zeitungen, Radio und Fernsehen immer wieder als "wichtigste Nachrichten des Tages" gebracht würden. Aber der Urwalddoktor war sich klar darüber, daß er damit nur das Wunschbild einer verantwortlichen Presse entwarf. Eine Sache sei sicher, äußerte er bekümmmert zu Cousins, die Debatte über diese Themen erlahmte allmählich wieder, und die Leute paßten sich der Krisensituation an. In der heutigen Welt sei es zu leicht geworden, das Unerträgliche zu ertragen [...].

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