Zu gleicher Zeit erweitern sich auch Iraels Handelsbeziehungen zu Ostdeutschland. Im vergangenen Jahr verkaufte Israel Zitrusfrüchte, Kunstdünger und chemikalische Halbprodukte an Ostdeutschland. Die Bundesrepublik wird dieses Jahr zirka zehn Prozent weniger Zitrusfrüchte von Israel kaufen, da Israel noch nicht in die EWG aufgenommen worden ist. Dieses Manko wurde von Ostdeutschland mehr als ausgeglichen. Israel war in diesem Jahr Ostdeutschland auch bei seiner Devisenpolitik behilflich. Durch das bestehende Clearing-Abkommen konnte Ostdeutschland zum Beispiel Kaffee und Rohöl von Westblockländern gegen an Israel gelieferte Waren erhalten.
Auch auf der politischen Ebene begann ein Annäherungsversuch. Israelische Diplomaten nahmen Kontakt mit Pankow auf, um deren Stellungnahme zur Erleichterung einer israelischen Vertretung in Ost-Berlin zu erfahren. Wie bekannt, wurden schon des öfteren antiisraelische Bemerkungen ostdeutscher Vertreter in den arabischen Staaten gehört. Auf Proteste Israels reagierten die Ostdeutschen mit der Entschuldigung des Fehlens jeglicher offizieller Kontakte. Daher ist Israel daran interessiert, mit Ostdeutschland ähnliche Kontakte wie mit Westdeutschland aufzunehmen. Gemäß dem israelischen Vorschlag soll eine inoffizielle diplomatische Vertretung errichtet werden, mit Vollmachten eines Generalkonsulats, ähnlich wie die Israel-Mission in Köln.
Dr. Goldmanns Warnung
Dooh kaum war der israelische Vorschlag formuliert, meldete sich der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Dr. Nachum Goldmann, zum Wort. Dr. Goldmann steht in seiner Eigenschaft als Präsident des Jüdischen Weltkongresses auch an der Spitze der Jewish Claims Conference, die die jüdischen Ansprüche Deutschland gegenüber vertritt. Erst dieser Tage führte Dr. Goldmann Verhandlungen in Bonn über die Formulierung des Schlußgesetzes betreffend Entschädigungszahlungen an jüdische Naziverfolgte. Dr. Goldmann warnte das israelische Außenministerium dahingehend, daß die Kontaktnahme mit Pankow Israel hunderte Millionen Dollar kosten könne, denn so meint Goldmann: „Ein Kontakt mit Ostdeutschland sperrt sofort alle westdeutschen Entschädigungszahlungen.”
Inzwischen beschloß Israels Ministerpräsident Levi Eschkol, auf westdeutsche Reaktionen zu warten und die politischen Verbindungen noch aufzuschieben, zu gleicher Zeit aber die Handelsbeziehungen mit Ostdeutschland weiter auszubauen.
