Zwei Museen, zwei Haltungen

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Stellen Sie sich vor, Sie besäßen eine umfangreiche Kunstsammlung. Zu Hause ist alles voll – was tun? Sie könnten Ihre Schätze einem öffentlichen Museum schenken. Eine Geste nobelster Großzügigkeit, aber zu dieser können Sie sich nicht durchringen. Also bauen Sie Ihr eigenes Museum.

In diesem Sommer war ich in zwei Sammlermuseen. Ein größerer Gegensatz ist kaum denkbar. In Neuhaus/Suha, einen Steinwurf von der Kärntner-slowenischen Grenze entfernt, liegt auf einer Geländekuppe über der Drautalstraße das Museum Liaunig. Viel ist seit der Eröffnung vor einem Jahr vom raffinierten Bau der querkraft-Architekten geschwärmt worden, zu Recht. Was die Hülle verspricht, wird von der Fülle gehalten. Österreichische Kunst des letzten halben Jahrhunderts ist hier versammelt: Gironcoli, Lassnig, Rainer, alle da – ergänzt von einigen internationalen Werken. Doch auch weniger bekannte Positionen sind vertreten: Helga Philipp, Fritz Panzer, der etwas in Vergessenheit geratene Kurt Moldovan. Aufs Schönste ergänzt von Ausblicken über Fluss und pastorale Landschaft sieht man ebenso harmonische Gegenüberstellungen, gemixt aus einem reichen Fundus von Anzinger bis Zechyr. Und gleich im luftigen Foyer ein großer Tisch: Hier soll der Sammler mit Familie und Freunden gern speisen, abends, wenn die Besucher fort sind und das Museum wieder zum Privatraum wird.

Auch Christian Boros spaziert abends gern durch sein Museum, er wohnt gleich obenauf. Alles steht hier, mitten in Berlin, im größten Kontrast zu Liaunig. Boros hat einen Luftschutzbunker umgebaut, ein düsteres Mahnmal wird zum Schaulager neuester Kunst. Kein Werk ist hier älter als zehn Jahre: Eliasson, Rehberger, Reyle, fünf Etagen voll. Nichts lenkt ab. Aktuelle Kunst stemmt sich gegen die Last der Geschichte. Auch das hat seinen Reiz, wenn auch einen ziemlich spröden.

Zwei Museen, zwei Haltungen. Schön, dass es diese Gegensätze gibt.

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