"König Kunde" wird sein eigener Diener

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Bei uns ist der Kunde König. Wenn er sich wie ein solcher benimmt" - kürzlich gelesen über dem Kassenpult eines Schuhdiskonters, in dem sicher nicht viele Könige einkaufen. Trotzdem ist man sich dann nicht ganz sicher, ob der Wunsch nach dem linken Schuh zum Anprobieren oder die Frage nach einer anderen Farbe vom Verkaufspersonal nicht etwa interpretiert wird wie eine Aktion des Hannoverprinzen Ernst August ...

Aber die wirkliche Königsidee wurde nun im "modernsten Supermarkt Europas" in Purkersdorf realisiert: die Kunden werden mit "sprechenden Einkaufswagen" ausgerüstet, die auf Sonderangebote aufmerksam machen. Ob sie auch sagen, wo sich ganz normale Dinge wie Staubzucker, Geschirrspülmittel oder gemahlener Kümmel versteckt halten, ist fraglich. Vor allem aber: man darf (nicht muss, aber das kommt schon noch) die Ware selber einscannen und wird damit belohnt, dass man nach jedem Griff ins Regal weiß, ob man schon sein Konto überzieht.

Vorläufig gibt man dem Kunden dann auch noch die Chance, mit wirklichem Geld bei einer wirklichen Person zu bezahlen - aber vielleicht funktioniert das auch bald so, dass man nur mehr eine Plastikkarte in irgendeinen Schlitz steckt. Dass Handel irgendetwas mit Dienstleistung zu tun haben könnte, scheint im Zeitalter von "Shoppingevents" eine antiquierte Sichtweise darzustellen.

Wer mit Schauern an die schwere Lesbarkeit von Strichcodes und die Fehleranfälligkeit von (mit "Profis" besetzten) Scannerkassen denkt, oder an Menschen, die schlecht sehen, hat offensichtlich nicht begriffen, dass auch Einkaufen heutzutage risk and fun, also Spaß und Risiko sein soll und schnell gehen muss.

Die Konsumenten sind jedenfalls lernfähig, wie der Bankensektor zeigt. Dort druckt man sich ja auch brav selbst seine Kontoauszüge aus, entlockt dem Automaten Bargeld mit Ziffernkombinationen, stempelt die Erlagscheinabschnitte eigenhändig ab - und hofft, dass auch alles seine Richtigkeit hat. Warum dann Kontoführungs-und Manipulationsgebühren ständig steigen, traut man sich gar nicht mehr zu fragen.

So richtig königlich fühlt man sich als Kunde dort und da nicht mehr.

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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