Kritik an den Sozialpartnern?

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Das Undenkbare ist geschehen: Ein Mitglied der Regierungsspitze hat an der Sozialpartnerschaft Kritik geübt; und das, obwohl er selbst einer der leitenden Angestellten eines Sozialpartners war! Dass sich sofort Spitzenorgane der Sozialpartner befremdet zeigten und sich zahlreiche wichtige politische Akteure schützend vor die Sozialpartner stellten, verwundert nicht.

Und dennoch: Wer das politische Geschehen in den letzten Jahrzehnten verfolgt hat, weiß, dass die Leistungen der Sozialpartner für die Entwicklung Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg für die gesellschaftliche Entwicklung segensreich waren. Innerer Friede und die Chance auf staatliche Selbständigkeit wären ohne die Abkommen über den Lohn- und Preisstopp und den Willen zur Zusammenarbeit in den 1940er- und 1950er-Jahren nicht möglich gewesen. Wichtig waren ebenso die sozialpartnerschaftlichen Brücken zwischen "rot" und "schwarz" in den 1960erund 1970er-Jahren angesichts wechselnder Alleinregierungen. Unmöglich wären auch die Bewältigung der europäischen Integration und des daraus resultierenden Strukturwandels in den 1980er- und 1990er-Jahren gewesen.

Der Blick in die Vergangenheit darf jedoch nicht den Blick auf die Gegenwart vernebeln, wo Blockaden in der Sozialpartnerschaft häufig sind. Zweifellos ist der Interessenausgleich schwieriger, wenn der ökonomische Gestaltungsspielraum klein und der Druck auf innerstaatliche Systeme groß ist. Doch war es kein Ruhmesblatt, wenn ellenlange Verhandlungen in kleine Gemeinsamkeiten und allzu oft den Ruf nach zusätzlichen Förderungen mündeten. Es wird Zeit, an die große Tradition anzuknüpfen und die Kritik als Impuls aufzugreifen. Die jahrelang verzögerte, nun aber beschlossene Arbeitszeitflexibilisierung in der Metallbranche könnte ein Vorbote für das Morgen sein!

Der Autor ist Professor für Arbeits- und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung

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