Mit Krisen leben lernen

19451960198020002020

Für Psychologen wie Gabriele Amann von der Universität Salzburg liegt der Schlüssel zur Suchtbekämpfung in der Lebenshilfe für Abhängige.

19451960198020002020

Für Psychologen wie Gabriele Amann von der Universität Salzburg liegt der Schlüssel zur Suchtbekämpfung in der Lebenshilfe für Abhängige.

Werbung
Werbung
Werbung

Information über Drogen ist wichtig, reicht aber nicht", sagt Gesundheitspsychologin Gabriele Amann, Assistentin am Institut für Psychologie der Universität Salzburg. Gefährdete Jugendliche brauchen darüber hinaus echte Verhaltensstrategien; Trainingsprogramme, um richtiges Verhalten in kritischen Situationen einzuüben. In den USA werden solche Programme im Kampf gegen Aids mit Erfolg eingesetzt. Im Zusammenhang mit Drogen gibt es nichts Vergleichbares.

Das, obwohl theoretisch klar ist, wie es funktionieren müßte. "Zunächst müssen zwei Fragen beantwortet werden", so Amman. "Welche Bedürfnisse befriedigen Drogen? Und wie kann man diese Bedürfnisse auf andere Art befriedigen?" Zusätzlich ist die genaue Kenntnis der Rahmenbedingungen erforderlich: Wer kommt wo mit Drogen in Kontakt? Aus diesem Wissen lassen sich konkrete Verhaltensmuster entwickeln, die Jugendliche regelrecht trainieren können. "Ganz wichtig dabei: Nein sagen lernen, auch im Zusammenhang mit legalen Suchtmitteln." Was aber auch eine Prüfung der Werthaltungen und Verhaltensnormen Jugendlicher erfordert. Und einiges an Überzeugungsarbeit.

Der erhobene Zeigefinger allein reicht jedenfalls nicht - auch nicht der Wink mit dem Strafgesetzbuch. ",Du darfst nicht' überzeugt niemanden", so die Psychologin. Verbote bringen nur etwas, wenn die Jugendlichen annehmbare Verhaltensalternativen haben.

Wo könnten solche Trainingsprogramme angeboten werden? "Breit gestreut an den Schulen. Oder in intensiverer Form für spezielle Risikogruppen." Am besten wäre beides, so Amann. Leider fehlen die Mittel für die Forschung: Geld gibt es nur für Maßnahmen, deren Effektivität erwiesen ist - ohne Forschung und Erprobung wird sich dieser Nachweis aber nie erbringen lassen.

Ein weiteres Problem: Breit angelegte Präventionsprogramme passen nicht ins etablierte medizinische System, das mehr auf Behandlung als auf Vorbeugung ausgerichtet ist. Hier muß an bestehenden Grundsätzen gekratzt werden, damit sich etwas ändert.

Sollte auch am geltenden Strafrecht etwas geändert werden? "Die Kriminalisierung ist ganz schlecht", so Amann. "Sie führt zu einer Reihe von psychischen und sozialen Problemen. Kontrollierter Drogenbezug für Süchtige, begleitet von einer Therapie, wäre sinnvoller."

Die Idee, Haschisch und Marihuana freizugeben, sieht Amann ebenfalls positiv: "Derzeit hat jeder, der einmal eine Haschzigarette probiert, bereits die Schwelle zur Illegalität überschritten. Damit ist die größte Barriere weggefallen. Auch der Kontakt zur Szene, zu Dealern ist bereits hergestellt. Der nächste Schritt zu noch gefährlicheren Drogen fällt dann nicht mehr schwer." Wäre Cannabis legal, "wäre bei den vielen, die das einmal ausprobieren, die Einstiegsbarriere in die Drogenszene noch da. Die meisten würden den nächsten Schritt zu härteren Drogen nicht mehr tun."

In einem Punkt wünscht sich die Expertin allerding keine Entkriminalisierung: "Dealen muß strafbar bleiben!". Ihre Hoffnung: "Wenn es wirksame Präventionsprogramme gibt und für Süchtige der kontrollierte Drogenbezug legal möglich ist, wird den Dealern früher oder später ohnehin die Geschäftsgrundlage entzogen." Ch. K.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung