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Plädoyer für eine Chaosmedizin

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Die derzeit vorherrschende Lehrmeinung in der Medizin über die Entwicklung von Krankheiten folge zu einfachen Vorstellungen. Mit dieser Feststellung leitet Karl Toifl, Universitätsdozent an der Klinik für Neuropsychiatrie in Wien, sein informatives Buch „Chaos im Kopf" ein. In den seltensten Fällen gebe es ausschließlich organische Ursachen für die Entstehung von Krankheiten. Der Autor nimmt die klassische Schulmedizin kritisch unter die Lupe und stellt fest, daß deren Methoden nicht ausreichen, um die komplexen Abläufe im Menschen einerseits und die Wechselwirkungen zwischen Krankheit und Gesundheit andererseits zu verstehen. Für eine zielführende therapeutische Hilfe sei ein Umdenken erforderlich. Die Zeit sei reif für ein ständiges Hinterfragen der bisherigen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata in der Medizin. An dieser Stelle sucht der Autor nach geeigneten Instrumenten außerhalb der klassischen Schulmedizin. So stellt er fest, daß unter anderem die junge Chaostheorie über das passende Instrumentarium verfüge, um die Abläufe komplexer Prozesse in der medizinischen Forschung zu erfassen.

Eingerahmt von den Krartkheits-geschichten zweier junger Mädchen werden zunächst die wesentlichen geschichtlichen Stationen der Chaosforschung aufgezeigt. Das komplexe Grundwissen der Chaostheorie ist liebevoll aufbereitet und verständlich illustriert. Bereits beim Durcharbeiten des ersten Teiles verschafft sich der Leser einen guten Überblick über das gesamte Gebiet der Chaostheorie.

Im zweiten Teil findet er ein kleines Lexikon, das die gängigsten Begriffe der Chaos-Wissenschaften in alphabetischer Ordnung erläutert. Um ein rasches Nachschlagen zu erleichtern, sind die Seiten farblich abgesetzt. Auch hier wird mit Bildern, die das Verständnis vertiefen, nicht gespart.

Im dritten Teil setzt der Autor Erkenntnisse der Chaostheorie im Hinblick auf medizinische Forschung und klinische Praxis um. Dieses Werk zeigt ernstzunehmende alternativmedizinische Ansätze, ohne die Errungenschaften der Schulmedizin über Bord zu werfen. Der Autor zeichnet in verständlicher Sprache Wege vor, die das Detailwissen aus der Schulmedizin mit dem ganzheitlichen Instrumentarium der Chaosforschung verbinden. Zahlreiche Anschauungsbeispiele steigern den pädagogischen Wert dieser wissenschaftlichen Arbeit. Eine Pflichtlektüre für moderne Mediziner und solche, die es werden wollen.

CHAOS IM KOPF

Chaostheorie - ein nichtlinearer Weg j für Medizin und Wissenschaft. Von Karl Toifl Verlag Wilhelm Maudrich, Wien 1995. 252 Seiten, geb., öS 490,-

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