7118916-1996_26_17.jpg
Digital In Arbeit

Astronomische Kunstuhren als Basis für die Forschung

Werbung
Werbung
Werbung

Ganz in den Dienst des Schöpfers stellte sich und sein Lebenswerk Frater David a Sancto Cajetano (1726-1796). David Ruetsch-mann, so sein bürgerlicher Name, stammte aus einfachen Verhältnissen aus Lembach im Schwarzwald, wo er das Zimmermanns- und Tischlerhandwerk erlernte. Als ausgelernter Geselle kam er 1746 nach Wien. 1754 legte er im Augustiner Kloster Mariabrunn die Profeß ab. Ab 1760 war Cajetano im Wiener Hofkloster der Augustiner Barfüsser als Tischlerfra-ter tätig. Zu dieser Zeit hatte er bereits mit Reparaturen von Uhren, Automaten und Spielwerken begonnen.

Der Jesuitenpater Joseph Walcher an der Universität, dessen sonntägliche „Mechanische Kollegien” Cajetano besuchte, vermittelte ihm die Ideen des Wolff-Leibnizschen Kreises. 1769 stellte Cajetano nach jahrelanger Arbeit seine erste astronomische Kunstuhr fertig - die „Zwettler Uhr”. 1771 erschien seine theoretische Schrift „Beschreibung einer astronomischen Uhr” mit einem Vorwort des Weltpriesters und Philosophen Joseph Rendler.

Frater Cajetano wurde mit der Reparatur der über 5 Meter hohen „Her-zanischen Uhr” von Christoph Schöner (Augsburg 1702) im Wiener Bürgerlichen Zeughaus betraut. Nach einjähriger Arbeit wurde 1770 die Uhr präsentiert unu Cajetano von Kaiserin Maria Theresia und Joseph II gelobt. Überliefert ist uns ein Dialog zwischen Joseph II. und Cajetano, in dem er die Vorteile des Klosterlebens für den Fortgang der wissenschaftlichen Forschungen betonte.

Ein heute noch sichtbarer Beweis für Frater Cajetanos Bekanntheits-grad zu seinen Lebzeiten und für die große Anerkennung in wissenschaftlichen Kreisen ist sein Porträt in der Augustinerbibliothek (heute Augustiner Lesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek) von Johann Bergl. Im Deckenfresko „Die Philosophie” (1773) ist rechts von der Hauptgruppe der Klosterbruder dargestellt. 1774 erneuerte Cajetano das Triebwerk am

„Nesstfellschen Planetarium”. Die kopernikanische Planetenmaschine (1745-53) von Johann Georg Nessfell, die jetzt im Naturhistorisches Museum steht, wird von einem Uhrwerk angetrieben. Das Besondere daran ist, daß der Erdäquator als Horizontale genommen wurde.

1793 beendete Cajetano die Arbeiten an der zweiten astronomischen Kunstuhr, die als „Schwarzenbergische” bekannt ist. Sie hat nur eine Schauseite mit einem Jahreszifferblatt, jahreszeitabhängigen Anzeigen und Kalenderangaben. Um 1793 entstand die dritte astronomische Großuhr. Auftraggeber war Kaiser Franz II. Heute steht sie in den Repräsentationsräumen des Rundespräsidenten. Der Uhrmacher Joseph Ruetschmann, Cajetanos Neffe, und Ignatz Berfinger setzten die Theorien, die er entwickelt hatte, in die Praxis um. Seine Erkenntnisse zur Mechanik sind in den drei Bänden des „Bädergebäudes” (1791 und 1793) festgehalten. Mit seinen Darstellungen des Weltbildes vermeidet Cajetano auf den ersten Blick eine ideologische Stellungnahme durch Verwendung von Zeigern und der bildhaften Anzeigeform. Die Weltuhren Cajetanos beziehen sich auf das heliozentrische Weltbild und zeigen neben Uhrzeit auch Kalender, Sonne, Mond, Ekliptik, Mondknoten, Perihel und Aphel der Mondbahn. Sie verfügen über Horizont- und Äquatoranzeigen, eine bildmäßige Mondphase sowie eine spezielle Finsternisanzeige.

Frater David a Sancto Cajetano nimmt in der Geschichte der Wiener Naturwissenschaften einen besonderen, leider kaum beachteten Rang ein. Seine astronomischen Kunstuhren werden derzeit im Wiener Uhrenmuseum gezeigt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung