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Drei Maler aus Graz

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Junge Künstler aus der Provinz haben es schwerer. Um in Oesterreich zur Geltung zu kommen, müssen sie erst einmal in Wien zur Geltung kommen; und eben das wird ihnen nicht immer leicht gelingen. Sie stehen außerhalb des Wiener Kunstbetriebs, ihre Intentionen und Gedanken mögen hiesigen Kreisen oft fremd, wenn nicht gar verfehlt anmuten. Sie haben also eine skeptische Aufnahme zu erwarten. Leichter ist es da für die, die an einer der beiden Wiener Akademien studiert haben: sie haben sich bereits akklimatisiert; sie werden, haben sie die. nötige Qualität, eher akzeptiert.

Zwei solche Gruppen stellen jetzt in Wien Malerei, Graphik und Plastiken aus: Die „junge gruppe“ aus Graz im Atelier am Modenapark, Wien III, Modena-park 8—9, und drei Künstler aus Tirol und Vorarlberg in der Galerie Würthle in Wien I, Weihburggasse 9. Vor allem eine Ausstellung in der ausgezeichnet gefühtten Galerie Würthle ist eine , Visiteiflcartej dies das-Jsntree zum heimischen Olymps * ermöglicht. 4 ' *

Erich Ess (geb. 1929), Norbert Grebmer (geb. 1929) und Walter Salzmann (geb. 1930) haben nicht nur das Alter gemeinsam, sondern auch alle das Plus, in Wien studiert zu haben: Ess und Grebmer bei Prof. Albert Paris Gütersloh an der Akademie der bildenden Künste Malerei, Walter Salzmann-an der Akademie für angewandte Kunst bei Prof. Obsieger Plastik. Noch mehr: auch in ihren Intentionen und in den- Ergebnissen, zu denen sie kommen, ähneln sie einander sehr. Klobige, klotzhafte Figuren blicken uns aus glotzenden, hervorquellenden Augen an, barbarisch stilisiert. Ess und Grebmer haben sie in Oel, Kleister, Feder und Mischtechnik festgehalten, Salzmann hat sie meist in Beton gestaltet.

Dies bleibt vor allem anzuerkennen: alle drei haben sich ein ernstes, hohes Ziel gesetzt. Es geht ihnen darum, nach der unterbrochenen Kontinuität der künstlerischen Entwicklungslinie (diese unterbrochene Kontinuität ist das Haupterlebnis unserer Generation!) ein neues Menschenbild zu schaffen. Daß das nicht von heute auf morgen geht, und daß dieses Menschenbild nicht von klassischer Glätte ist, ist selbstverständlich. Die Primitivität ihrer Figuren ist nicht nur ein Zeichen ihrer Ehrlichkeit, sondern auch innerer Stärke.

Walter Salzmann, der Bildhauer unter den dreien, ist im Alter von 17 lahren erblindet. Dieses schwere Schicksal hat ihn nicht entmutigt; der Tastsinn muß ihm den Gesichtssinn ersetzen. Sein „Kopf“, aus gebranntem Ton, 1956, der mit den Augen abbricht und auf die Leere wie auf eine Wand prallt, ist ein erschütternder und gültiger Ausdruck der Blindheit.

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