Dream Scenario.jp - © Panda Film

„Dream Scenario“: Traum-Mann

19451960198020002020

Nicolas Cage dringt als Professor Matthews in die Träume fremder Menschen ein: Kristoffer Borglis „Dream Scenario“ entpuppt sich als treffsichere Gesellschaftssatire.

19451960198020002020

Nicolas Cage dringt als Professor Matthews in die Träume fremder Menschen ein: Kristoffer Borglis „Dream Scenario“ entpuppt sich als treffsichere Gesellschaftssatire.

Werbung
Werbung
Werbung

Vor 25 Jahren erzählte Spike Jonze in „Being John Malkovich“ (1999) von einem Büro, von dem aus man in den Kopf des Schauspielers John Malkovich eindringen konnte. An diesen herrlich surrealen Film erinnert die Prämisse von „Dream Scenario“, dem englischsprachigen Debüt von Kristoffer Borgli („Sick of Myself“). Doch der Norweger dreht die Positionen um: Hier dringt nicht jemand in den Kopf von Nicolas Cage bzw. des von ihm gespielten Biologieprofessors Paul Matthews ein, sondern vielmehr dringt Matthews/Cage, ohne selbst etwas zu tun, in die Träume von ihm völlig Fremden ein.

Mit Ausbreitung des Phänomens wird Matthews, der unter der Nichtbeachtung durch seine Teenagertöchter und seine Studenten leidet, berühmt. Bald ist der Hörsaal bei seinen Vorlesungen voll, medial wird von ihm berichtet, und er wird in Talkshows eingeladen. Dass er in diesen Träumen selbst nie agiert, sondern bei einem Autounfall, einem Erdbeben oder einem Mord nur teilnahmslos zusieht, passt zu seinem passiven Auftreten im Alltag. Ins Negative kehrt sich aber seine Berühmtheit, als er in den Träumen plötzlich zum Aggressor wird, die Träumenden vergewaltigt oder ermordet: Ausgrenzung folgt auf dem Fuß.

Ganz auf Nicolas Cage hat Borgli seine sehr unterhaltsame Gesellschaftssatire zugeschnitten. Während der Hollywoodstar in den Alltagsszenen durch Zurückhaltung brilliert, kann er in den Albtraumszenen seine Lust am Übertreiben voll ausleben. Mit seiner einfallsreichen Visualisierung der Träume sorgt Borgli dabei ebenso immer wieder für Überraschungen und Witz wie mit dem von ihm selbst geschriebenen, perfekt aufgebauten Drehbuch. Konsequent wird dabei zwar eine klassische Geschichte von Aufstieg und Fall erzählt, aber gleichzeitig wird mit den Träumen eine herrlich surreale Komponente eingebaut.

Aber auch inhaltlich ist „Dream Scenario“ auf der Höhe der Zeit, wenn ebenso treffsicher wie bissig von der Gier nach Ruhm und der Sehnsucht, aus der Masse herauszustechen, erzählt wird. Bitter werden die Schattenseiten des Ruhms aufgezeigt, und mit schwarzem Humor wird die Cancel-Culture kritisiert. Denn mag auch Matthews von Beginn an eine schwelende Unzufriedenheit und latente Wut ausstrahlen, so bleibt er doch bis zum Ende ein im Grunde sympathischer und bemitleidenswerter Antiheld, dessen Absturz ins Bodenlose bewegt. Dass seine „Traumstory“ ein neues Business ins Leben ruft, ist dabei ebenso ein weiterer bissiger Kommentar zur heutigen Gesellschaft wie sein Ruhm im fernen Europa.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung