Elfriede Jelinek adaptiert adaptiert

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Das Projekt klingt irrwitzig - aber das Ergebnis, die "Verfilmung" von Elfriede Jelineks Gespensterroman "Die Kinder der Toten", überzeugt -und stellt den anarchischsten Beitrag zum aktuellen Filmjahr dar. Bei der diesjährigen Berlinale wurde der Film von Kelly Copper und Pavol Liska in der Sektion Forum mit dem Preis der internationalen Filmkritik ausgezeichnet.

"Die Kinder der Toten" ist Jelineks umfangreichstes Werk, und schon von daher eigentlich unverfilmbar. Das New Yorker Performance-Theaterduo "Nature Theater of Oklahoma"(der Name ist eine Anlehnung an ein Kapitel in Franz Kafkas Romanfragment "Amerika") nahm sich des Stoffes an -und performte es beim Steirischen Herbst 2017 als ein Projekt, den Jelinek-Text mit Laienschauspielern als Stummfilm, der überdies auf Super-8 gedreht wurde, herauszubringen.

Dass Copper und Liska der deutschen Sprache nicht mächtig sind, es aber auch keine vollständige englische Übersetzung der "Kinder der Toten" gibt, stellte in diesem Zusammenhang nicht das unlösbare Problem dar: Veronica Kaup-Hasler, heute Kulturstadträtin in Wien, bestritt 2017 ihr letztes Jahr als Intendantin des Steirischen Herbstes. Gemeinsam mit dem Filmexperten Claus Philipp gab sie den beiden Amerikanern den Inhalt des Romans mündlich wieder -Seite für Seite. "Eine Adaptation der Adaptation" nannten Copper und Liska diese Methode der Aneignung, die sie schon früher, etwa bei "Romeo und Julia" praktiziert hatten.

Und Elfriede Jelinek, die nach der "Klavierspielerin" für Michael Haneke keines ihrer Werke für den Film freigegeben hatte, wurde gewonnen: So konnten die "Kinder der Toten" für die Leinwand in Szene gesetzt werden.

Nicht publikumsfreundlich

Das hier angedeutete Ambiente, in dem dieses kinematografische Opus Wirklichkeit werden konnte, mag zeigen, dass "Die Kinder der Toten" alles andere als ein publikumsfreundlicher Film geworden sind. Aber wer -auch eingedenk der dramatischen Arbeiten der Literaturnobelpreisträgerin -hätte dies denn erwartet? Ein trashiger Alpenhorror, eine Hexensabbat-Gaudi, eine Abrechnung mit Kindheit, Gegenwart und urösterreichischen Abgründen stand auf der Tagesordnung -und wird im Film auch eingelöst.

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