fragen sie dr. ruth

"Fragen Sie Dr. Ruth": Eine jüdische Ikone des American Dream

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Otto Friedrich über den Film, der das Bild einer "ebenso unbeugsamen wie witzigen Frau" zeichnet.

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Otto Friedrich über den Film, der das Bild einer "ebenso unbeugsamen wie witzigen Frau" zeichnet.

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Heute ist sie 92, und noch im Juni 2020 nahm sie in New York an einer Demonstration der „Black Lives Matter“­Bewegung teil. Und trotz des hohen Alters hält die nur 1,45 Meter kleine Ruth Westheimer („Size doesn’t matter“) auch immer noch Vorträge zum Thema Sex. „Fragen Sie Dr. Ruth“ ist die biografische Näherung des US­amerikanischen Dokumentarfilmers Ryan White an diese Zeitzeugin ersten Ranges. 1938, mit zehn Jahren, wird Katharina Ruth Siegel, Tochter einer Frankfurter orthodox­jüdischen Familie, mit anderen Kindern in die Schweiz geschickt – so überlebt sie die Schoa, ihre Eltern sieht sie nie wieder. Nach dem Krieg verschlägt es sie nach Palästina, im israelischen Unabhängigkeitskrieg wird sie schwer verwundet. Über Paris und ein Psychologiestudium an der Sorbonne kommt sie in die USA, wo sie noch ein Soziologiestudium anhängt und nach Jahren als alleinerziehende Mutter in New York ihren dritten Mann, Fred Westheimer, die Liebe ihres Lebens, heiratet.

Als unbefangene Radio­-Late-­Nite­-Talkerin über Sex-­Themen wird sie berühmt, später als Talkshow-­Gast im Fernsehen sowie Vortragende und Buchautorin zu diesem Thema eine US-­amerikanische Kultfigur – körperlich klein, ein schauderhafter deutscher Akzent, aber ein Mundwerk, das unbefangen über die intimsten Dinge des Lebens zu reden imstande ist. Dieser Ikone des American Dream spürt White in seinem Film nach und entwickelt das Bild einer ebenso unbeugsamen wie witzigen Frau, die heute von ihren vier Enkeln als „Omi“ nicht minder verehrt wird wie als Lebensberaterin von Millionen Amerikaner(inne)n, die von Dr. Ruth das, was sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bis dahin nicht zu fragen gewagt hatten, erfahren haben.

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