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Gefangener Prinz

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Es war einmal ein Prinz, der in ein Turmverlies gesperrt war. Um auf sich aufmerksam zu machen, schlug er ohne Unterlaß mit seiner Krone gegen die Gitterstäbe seines Gefängnisses. Dabei erklang ein wunderschöner Ton, der die Luft ringsum erfüllte und Freude in die Herzen der Menschen brachte. Doch der Prinz blieb unentdeckt und mußte den Best seines Lebens als Gefangener verbringen. Das ist die Metapher für das Leben des New Yorker Künstlers Jean-Michel Basquiat - zumindest in Julian Schnabels Film „Basquiat", der die Geschichte des unglückseligen Malers und Graffiti-Poeten erzählt, der 1988 im Alter von 28 Jahren an einer Überdosis Heroin starb.

Basquiat (Jeffrey Wright) steigt als erster schwarzer Künstler mit seiner als primitiver Expressionismus titulierten Malerei aus dem Nichts in die oberste Etage des New Yorker Kunstbetriebes der frühen achtziger Jahre auf. Auf seltsam beiläufige Art und Weise wird Basquiat als Träumer gezeichnet, dem sein Buhm ohne großes Zutun in den Schoß fällt und der sein Leben kaum im Griff hat. Nur wenige Menschen kommen an den in sich selbst eingesperrten Prinzen heran: Einzig die gescheiterte Liebe zu Gina (Ciaire Forlani) und die Freundschaft zu Andy Warhol (David Bowie) vermögen ihn im Innersten zu berühren. „Basquiat" liefert ein Sittenbild des New Yorker Kunstbetriebes der New-Wave-Ära: Ebenso etablierte wie erstarrte Künstler, blasierte Kulturmanager und Kunstkonsumenten ohne das mindeste Kunstverständnis -eine Struktur, die durchaus auch auf die heutige Kunstszene übertragbar ist. Und nicht nur in New York.

Der Film glänzt mit einem wahren Staraufgebot: Dennis Hopper, Gary Oldman, Christopher Walken, Latum O'Neal, Courtney Love und Willem Da-foe in einer kleinen Rolle als gescheiterter Künstler, der als Elektriker in einer schicken Galerie arbeitet. „Ich bin mir treu geblieben", verklärt er sein Schicksal. Anerkannt, aber korrumpiert - unbekannt, aber authentisch, das ist die Aporie des Kunstbetriebes. Nur wenige können ihr entrinnen; Jean-Michel Basquiat war einer von ihnen.

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