Die Totentanzfresken in der Krypta des Stiftes Altenburg geben einen idealen Rahmen für die Tragödie „Doctor Faustus” von Christopher Marlowe ab, wird doch variantenreich das Fallen des Menschen abgehandelt. Eine besondere Form des Fallens wird im Faust thematisiert: der Mensch in seiner Gier die vorgegebenen Grenzen zu überschreiten.
In der Inszenierung von Dieter 0. Holzinger wird nicht der erkenntnissuchende Faust vom Teufel geholt, sondern der genußsüchtige. Faust verfällt dem Laster, nachdem er in den einzelnen klassischen Disziplinen wie Theologie, Medizin, Jus und Philosophie nur mehr Nichtigkeiten erkennen kann und sein Streben nach Erkenntnis keine Befriedigung mehr erfährt.
Peter Uray spielt diesen Marlow-schen Faust des Zynismus und der Verzweiflung, der nicht auf Erlösung hoffen darf wie der Goethesche. Dany Sigel ist ein androgyner Mephisto, der im Laufe des Stücks eine beachtliche Verwandlung erfährt. Beim Zusammentreffen mit Faust ist er der gefallene Engel; nach seinen Jahren des Dienens hat er sich in den gnadenlosen Höllenfürsten verwandelt.
Die Sommerspiele in Stift Alten -bürg sind auch heuer wieder ein Erlebnis, weil mit Bedacht ausgewählte Stücke in einem stimmigen Ambiente gezeigt und von einem spielfreudi-gen Ensemble interpretiert werden.
