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"Miss Marx": Ein politisches wie unglückliches Frauenleben

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In ihrer Filmbiografie umspannt die Regisseurin Susanna Nicchiarelli die Jahre 1883 bis 1898 im Leben von Karl Marx' jüngster Tochter, Eleanor "Tussy" Marx.

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In ihrer Filmbiografie umspannt die Regisseurin Susanna Nicchiarelli die Jahre 1883 bis 1898 im Leben von Karl Marx' jüngster Tochter, Eleanor "Tussy" Marx.

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Er war der Eröffnungsfilm der „Viennale“ 2020. Und weil unmittelbar nach dem Ende des heimischen Filmfests Anfang November die Lichtspieltheater des Landes schließen mussten, kommt das Frauenporträt „Miss Marx“ der italienischen Regisseurin Susanna Nicchiarelli erst über ein halbes Jahr später ins Kino. Das ist insofern von Bedeutung, als Filmemacherin, Produktionsland, Genre und Stoff typisch für die Handschrift von „Viennale“-Prinzipalin Eva Sangiorgi sind.

Diese Verbindung ist im Frühling 2021 natürlich verblasst, sodass sich die Relevanz von „Miss Marx“ nicht auf den ersten Blick erschließt, obwohl man dem Film zugutehalten kann und muss, dass er eine weitgehend unbekannte Gestalt des Fin de Siècle ins Bewusstsein rückt und dabei auch den Versuch macht, das Kolorit von Links-Bürgertum und Proletariat heute erlebbar zu machen. Und die Unbilden für eine Tochter einer weltgeschichtlichen Größe – Karl Marx – sind gleichfalls eine Folie, auf der Nicchiarelli dieses Leben, das 1898 43-jährig durch Suizid endete, erzählt.

Eleanor Marx – genannt Tussy – war Karls jüngste Tochter. Nach dem Tod des Vaters 1883 begann sie, sich politisch zu engagieren, sie gehörte zu den Gründerinnen der Zweiten Internationale und war eine führende Gestalt der englischen Gewerkschaftsbewegung. Sie begann eine Liaison mit dem – verheirateten – sozialistischen Aktivisten Edward Aveling, den sie jahrelang als ihren „husband“ bezeichnete, ihr Freitod wird mit der Entdeckung in Zusammenhang gebracht, dass Aveling zusätzlich zur Nichtehe mit ihr noch eine zweite (bigamistische) Ehe eingegangen war.

„Miss Marx“, der Film, überspannt die Jahre 1883 bis 1898 und schildert einen Freigeist an Frau, die sich nicht um Konventionen schert und die das Elend der Arbeiter in England jener Jahre politisch bekämpft. Die aber an der Unmenschlichkeit der Beziehung mit einem Monstrum wie Aveling zerbricht: ein Frauenleben, das einmalig, aber auch prototypisch war. Das hat Nicchiarelli interessiert, die von guten Schauspielern, allen voran Romola Garai in der Titelrolle, unterstützt wird. Nicht zuletzt die Musik – von elektronisch bearbeiteten Liszt-Stücken bis zu Punk-Klängen – gibt diesem Film ein aufregendes Flair.

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