notturno - © Filmladen

„Notturno“: Schicksale aus umkämpftem Nahost

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Der Regisseur Gianfranco Rosi hat in „Notturno“ Gesichter des Krieges auf Film gebannt.

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Der Regisseur Gianfranco Rosi hat in „Notturno“ Gesichter des Krieges auf Film gebannt.

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Der Schaden, den die pandemiebedingten Verschiebungen dem großen Arthousekino zugefügt haben, ist spürbar. Gianfranco Rosis erneut exzeptioneller Dokumentarfilm „Notturno“ lief hierzulande zwar schon 2020 auf der Viennale, doch beinahe verschämt ist er eineinhalb Jahre später erst im Kino zu sehen.

Rosi, der für „Das andere Rom“ 2013 den Goldenen Löwen in Venedig und für „Seefeuer“ über Lampedusa und seine Flüchtlinge 2016 den Goldenen Bären in Berlin holte, war für „Notturno“ drei Jahre lang im Nahen Osten unterwegs, um anhand von Einzelschicksalen ein Panorama einer kriegsverseuchten Weltgegend zu wagen, ohne direkt in filmische Kriegsberichterstattung zu verfallen. Rosis Methode, Menschen in ihrem Leben exemplarisch zu beobachten, geht in „Notturno“ einmal mehr auf. Die Kamera nimmt an diesem Leben teil und macht sich dieses quasi zu eigen – das ist auch das politische Statement, das ohne wortreiche Analyse und vorgefertigte Meinungen auskommt. Man ist Filmemachern wie Rosi dankbar, dass sie sich derartige Zugänge antun, die ein wenig genauer hinter die Fassaden von Leben, Orten und Menschen zu schauen, welche in aktuellen Berichterstattungen zu kurz kommen.

„Notturno“ erzählt exemplarische Geschichten aus dem Libanon, Kurdistan, dem Irak und Syrien. Da ist eine psychiatrische Klinik mit Opfern der Gewalttaten, in der die Insassen in einem Theaterstück mit den Kriegsgräueln fertig zu werden versuchen. Oder der junge Mann, der von seiner Gefährtin eingekleidet wird, um am Morgen die Stadt zu wecken und den Lobpreis Gottes zu singen. Oder peschmergische Kämpferinnen, die gegen den IS in den Kampf ziehen. Oder Mütter, die über ihre verwundeten und völlig verängstigten Kinder klagen. Oder ein Fischer, der in der Nähe von umkämpften Ölquellen seiner Profession nachgeht: Schicksale um Schicksale, die berühren – und die eine Not handgreiflich machen wie kaum ein Film zuvor.

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