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Alptraum Blutrache

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Als Claudio Abbado Ende der achtziger Jahre in Wien mit Harry Kupfer sein „Elektra”-Debüt feierte, blieb er dem Werk Kraft und die Extreme des Ausdrucks schuldig. Nach langen (Plat-ten-)Vorbereitungen mit den Berliner Philharmonikern hat er nun die Richard-Strauss-Oper im Großen Festspielhaus herausgebracht. Abbado hat sein „Elektra”-Konzept von Grund auf erneuert: Stand er früher als kalkulierender Interpret über dem Werk, so taucht er nun in Strauss' und Hofmannsthals moderne Antike ein.

Eine Produktion von imponierender musikalischer Genauigkeit, Schärfe und Leidenschaft. Perfekt verschweißt Abbado den Orchesterklang mit dem hervorragenden Sängerteam, daß die artistische Partitur aufregend schillert. Ideal Deborah Polaski als Elektra voll glühender I^eidenschaft; Karita Mattila als sanfte Schwester Chrysothemis; Marjana Lipovsek als Gattenmörderin Klytämnestra, ein zerstörtes Geschöpf zwischen Wahn und Todesangst; Ferruccio Furlanetto als dunkel orgelnder Muttermörder Orest und Barry McCauley als Zwitterwesen Aegisth.

Regisseur Lew Dodin, Leiter des St. Petersburger Maly-Theaters, und sein Bühnenbildner David Borowski deuten Hofmannsthals Seelendrama als Alptraum des Rituals der Blutrache. Ins antike Amphitheater bauten sie den Palast von Mykene mit seinen verkommenen Hinterhöfen. Doch Dodins Konzept fehlt es an Kühnheit, an wilder Intensität, an Schärfe und Genauigkeit.

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