Nichts gegen eine „Carmen" in deutscher Sprache, noch dazu in Walter Felsensteins klug gestraffter Dialogfassung. In der Wiener Volksoper ist das Ergebnis bescheiden. Hilflos radebrechend kämpfen sich die Sänger durch den deutschen Text. Noch peinlicher ist, daß sie auch den stimmlichen Anforderungen nur teilweise entsprechen. Graciela Arayas Carmen fehlt die mitreißende Persönlichkeit, Zwetan Michailow quält sich blaß durch den Don Jose, Peter Weber ist ein kraftloser Escamillo, Janus Mon-archa ein langweiliger Zuniga. Nur II-diko Baimondi gefällt mit ihrem leuchtenden Sopran
Als Claudio Abbado Ende der achtziger Jahre in Wien mit Harry Kupfer sein „Elektra”-Debüt feierte, blieb er dem Werk Kraft und die Extreme des Ausdrucks schuldig. Nach langen (Plat-ten-)Vorbereitungen mit den Berliner Philharmonikern hat er nun die Richard-Strauss-Oper im Großen Festspielhaus herausgebracht. Abbado hat sein „Elektra”-Konzept von Grund auf erneuert: Stand er früher als kalkulierender Interpret über dem Werk, so taucht er nun in Strauss' und Hofmannsthals moderne Antike ein.Eine Produktion von imponierender musikalischer Genauigkeit, Schärfe und Leidenschaft.
Eine Premiere, auf die Opern -freunde seit vielen Jahren warteten: Riccardo Muti führt an der Mailänder Scala die Faust-Oper „Mefistofele” von Arrigo Boito (1842 bis 1918) auf. Die spektakuläre Produktion übersiedelt 1997 aber auch an die Wiener Staatsoper - als Erstaufführung!Mutis temperamentvoll-leidenschaftliche Deutung des 1868/74 entstandenen vieraktigen Werks hatte entscheidenden Anteil an diesem Publikumserfolg: Eine Aufführung voll Bravour und üppigem Schönklang. Und Muti fordert Samuel Ramey, der hier das Erbe eines Cesare Siepi und Nikolai Ghiaurov antritt und einen
Riccardo Mutis Wagner-Debüt mit „Walküre“ war ein voller Erfolg, Regie (Andrė Engel) und Bühnenbild (Nicky Rieti) sorgten einmal mehr für einen Inszenierungs-Fiop.
Im opulenten Musikfest der Musikalischen Jugend wird heuer Rußlands „Mächtiges Häuflein" in Wien gefeiert, die legendäre Gruppe um den Mentor Nikolai Rimski-Korsakow mit Modest Mussorgski, Mili Balakir-ew, Alexander Borodin und Cesar Cui. Rußlands Musik im Aufbruch steht als ungeschriebenes Motto über diesen Aufführungen mit den Moskauer Philharmonikern unter Wassili Sinajski, mit dem Israel Chamber Orchestra, dem Neuen Sinfonieorchester Kiew, dem ORF-Symphonieorchester unter Pinchas Steinberg, dem Orchestre National de Bordeaux Aquitaine unter Alain Lombard, der Philharmonie.
Yon welchem der Dompteure dieses Dinosauriers Staatsoper stammt das Zitat? War es Gustav Mahler, dem Wiens Bürokratie übel mitgespielt hat? War es Richard Strauss? Waren es Karl Böhm, Herbert von Kara-jan oder Lorin Maazel, die Wien verbittert verlassen haben?Es war Staatsoperndirektor Claus Helmut Drese, der seine zwischen dem März 1984 und Juli 1991 notierten Tagebuchdetails jetzt als Buch vorlegt. „Im Palast der Gefühle" ist eine 435-Seitenbilanz geworden: Dreses Rückblick auf Wien, auf Erfahrungen mit Ministern und Beamten, die ihm auf eine wenig feine Wiener Art mitgespielt