Zombi Child - © Foto: Stadtkino

"Zombi Child": Voodoo mit Coming of Age

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Bertrand Bonello inszeniert atemberaubend Aufgeladenes zwischen Haiti und einem Pariser Mädcheninternat.

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Bertrand Bonello inszeniert atemberaubend Aufgeladenes zwischen Haiti und einem Pariser Mädcheninternat.

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Sensualität und Sinnlichkeit sind wesentliche Elemente in den Filmen von Bertrand Bonello. Zusammen bilden sie stets eine emotive Handlungsebene, welche dem oft brutalen, gar zynischen Geschehen seiner Arbeiten übergeordnet ist.

Dies sei auch der Kritik seines neuen Films „Zombi Child“ vorausgeschickt, in dem Bonello die (emotionale) Bedeutung afrikanischer kultureller Rituale jenen der französischen Säkularität ironisierend gegenüberstellt.

Eine mystisch aufgeladene Sequenz in Haiti 1962 eröffnet den Film: Jemand bereitet weißes Pulver aus der Leber eines Kugelfisches vor und streut es in ein paar Schuhe. Die Schuhe von Clairvius Narcisse, der, kaum hat er sie angezogen, wenig später scheinbar tot zusammenbricht. In derselben Nacht wird er aus dem Grab geholt und einer Gruppe anderer langfristig Betäubter – Zombis – zugeführt, die unter strenger Aufsicht nachts hart auf den Plantagen arbeiten müssen.

Mit dem ersten von vielen noch folgenden Match Cuts (eine Schnittmontage, in der ein Bildmotiv bzw. eine Handlung unterbrochen und in einer anderen räumlichen oder zeitlichen Einstellung weitergeführt wird), schaltet Bonello in ein Mädcheninternat der Gegenwart: Uniformierte 16-jährige Schülerinnen sitzen stumm und regungslos in einem geschlossenen Hörsaal und werden von einem Professor über die Kraft der Revolution und die Theorie des Freien Willens belehrt.

Diese Szenenfolge hat mehrere doppelte Böden, nicht zuletzt jenen, dass auf die Maison d‘education de la légion d‘honneur am Stadtrand von Paris nur Nachfahrinnen von Mitgliedern der Ehrenlegion gehen dürfen. Die aus Haiti stammende Mèlissa ist neu dort und die einzige Schwarze in der Klasse. Sie wird alsbald von der liebeskranken Fanny in eine Gang aufgenommen.

Flüssig changiert der Film zwischen parallel geschalteten Sequenzen aus Haiti und dem Internat. Die Geschichte des Voodoo vermischt sich so mit dem Coming of Age von pubertierenden Mädchen, die oszillieren zwischen Besessenheitsgefühlen, Freiheitsdrang und Selbstermächtigung. Das resultiert in atemberaubenden, metaphorisch aufgeladenen Szenen.

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