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Ist Treue unmöglich?

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Erst sind Johan und Marianne Eltern einer Bilderbuchfamilie, dann erleben sie den Ehekrach eines befreundetes Paares, Peter und Katarina, mit, und schließlich überrascht Johan seine Frau mit der Mitteilung, er wolle sie schon seit vier Jahren loswerden und gedenke, mit seiner Freundin nach Paris zu übersiedeln: „Ich will mich wie ein Schwein benehmen, und das wird mir guttun.” Es folgen Trennung und Scheidung, aber trotz neuer Partner kommen die beiden auch nach Jahren nicht voneinander los und immer wieder im Bett zusammen.

Was ist Liebe? Was ist Wahrheit? Ist lebenslange Treue möglich? Die Fragen und Probleme, die Ingmar Bergman in „Szenen einer Ehe” (ursprünglichem Film) behandelt, sind zeitlos. Die nun am Wiener Akademietheater gezeigte Bühnenversion enthält sicher einiges, was Eheleute so oder ähnlich erleben, kann aber natürlich die ganze Vielfalt von ehelichem Zusammenleben nicht erfassen. Bergman vernachlässigt zum Beispiel komplett die oft nicht unwichtige Rolle der Kinder. 1 )ie vordergründig vermittelte Botschaft, daß dauerhafte Beziehung trotz oder gerade wegen des Scheiterns einer Ehe zustandekommt oder Zustandekommen kann, wirkt ein wenig dünn.

Man hat (zum Glück?) bei der in neuer Besetzung aus dem Zürcher Schauspielhaus übernommenen Inszenierung Dieter Giesings im kargen, aber sehr passenden Bühnenbild von Rolf Glittenberg fast nie das Gefühl, hier passiere Reales. Alles wirkt - mehr oder weniger überzeugend -gespielt. Die ihr temperamentvolles Agieren ständig steigernde Dörte Lyssewski (Marianne) und der nur sporadisch Farbe gewinnende Ernst Stötzner (Johan) tragen zwar ihre nackte Haut, aber nicht ihre innersten Gefühle zu Markte, wahren verständli-cherweise eine gewisse Distanz zu ihren Rollen. Maria Happel (Katarina) und Franz J. Csencsits (Peter) tun das noch deutlicher, ihr Auftritt gerät eher komisch als beängstigend. Gertraud Jesserer erweckt für die sehr ein -dimensionale Rolle der nach 20 lieblosen Ehejahren scheidungswilligen Frau Jacobi mitleidiges Erstaunen. Das Premierenpublikum beklatschte die doch einige wertvolle Denkanstöße liefernde Aufführung in überreichem Maß.

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