Ein Muss für Opernnarren, aber ohne Blick über den Tellerrand: die Erinnerungen von Giuseppe Taddei.
Abgeklärt und dennoch vor Lebenslust sprühend, auch im Alter einem erotischen Abenteuer, einem guten Glas Wein und einem saftigen Braten nicht abgeneigt: Der Falstaff aus Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper gehört nicht nur zu den Glanzpartien der Opernliteratur, sondern verkörpert auch perfekt den Typus des charmanten Schwerenöters. Wie sehr sich der berühmte italienische Bariton Giuseppe Taddei mit dieser Figur identifiziert, beweist der Titel seiner Autobiographie: Ich, Falstaff.
Taddei gehört zu den großen Opernsängern des 20. Jahrhunderts. Nach den Anfängen unter Tullio Serafin in Rom führte ihn seine Laufbahn zu den Salzburger Festspielen, ans Theater an der Wien - damals Ausweichquartier der Staatsoper - und schließlich an die Mailänder Scala. Der mittlerweile 90-jährige Publikumsliebling arbeitete mit allen namhaften Künstlern seine Zeit zusammen; er sang unter Karajan und mit der Callas. Seine von Peter Launeck aufgezeichnete Lebensgeschichte ist daher wohl ein Muss für alle Opernnarren. Anekdote reiht sich an Anekdote: Wie einem Tenor das künstliche Gebiss auf offener Bühne aus dem Mund sprang, wie er der Gattin eines befreundeten Sängers eine Salatschüssel aufsetzte, sogar eine - für Taddei unrühmliche - Begegnung mit Kardinal König ist dabei.
Wer sich allerdings einen Blick über den Tellerrand der Opernwelt erwartet, wird enttäuscht. Der zeitgeschichtliche Kontext, der mittlerweile zu jeder anspruchsvollen Künstlerbiographie gehört, ist beinahe völlig ausgeblendet - dabei wurde Taddei immerhin im faschistischen Italien Mussolinis groß. Opernfreunde hingegen werden sich über die detaillierte Diskographie und das ausführliche Aufführungsverzeichnis freuen. Außerdem enthält das Buch eine CD und, wie könnte es anders sein, einige Kochrezepte. Frei nach Falstaffs Motto: "Alles ist Spaß auf Erden."
ICH, FALSTAFF
Erinnerungen von Giuseppe Taddei
Amalthea Verlag, Wien 2006
336 Seiten, geb., € 29,90
