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Alfred Komareks Provinzporträt aus dem Salzkammergut.

Daniel Käfer steht am Wendepunkt seines Lebens. Er war Chefredakteur des IQ, einer Zeitschrift für Intellektuelle, eines Nischenproduktes, das sich nicht allzu gut verkauft. Und wie das Wirtschaftsleben so spielt, wird das Blatt eingestellt und Daniel Käfer mangels Interesse an einem zwar lukrativen, aber geistlosen Job im Konzern arbeitslos. Was nicht nur Nachteile hat.

Den Namen Alfred Komarek verbindet man wohl in erster Linie mit seinem weinseligen Kommissar Polt und den Kultkrimis, die sich um ihn ranken. Als Verfasser diverser Landschaftsbände sowie kulturgeschichtlicher Sachbücher ist er nicht ganz so bekannt. Und nun geht Komarek auch literarisch neue Wege. Mit "Die Villen der Frau Hürsch" hat er seinen ersten Roman aus dem Salzkammergut vorgelegt, aus seinem Geburtsort Bad Aussee. Und er schickt den Protagonisten auf die Suche nach den Wurzeln seiner Familie.

Denn der arbeitslose Herr Ex-Chefredakteur beschließt, sich wie in seiner Kindheit auf Sommerfrische zu begeben, ein bisschen Selbstfindung, ein bisschen ausspannen, in jedem Fall privatisieren. Während sich sein juristisch tätiger Bruder um eine angemessene Abfindung beim Verlag kümmert, genießt Daniel Käfer im Ausseerland einen "von diesen unwirklich schönen Sommertagen. Andachtsblau der Himmel, lustblau der See. Dazwischen helles Kalkgebirge, Wiesengrün und Waldgrün."

So idyllisch ist das Salzkammergut aber dann auch wieder nicht. Erstens können die Leute ganz schön seltsam sein, was es einem nicht ganz leicht macht, heimisch zu werden. Zweitens hat man harte Konkurrenz von einem Halbirren, der sich als beinharter Geschäftsmann ausgibt - oder doch wohl eher umgekehrt. Und drittens fängt Daniel Käfer bald an, Detektiv zu spielen, forscht nach einer gewissen Mizzi Käfer, geboren noch im 19. Jahrhundert, eine Urahnin und arme Dienstbotin, die in Aussee für reiche Familien arbeitete. Deren Villen stehen heute noch. Und beinahe hätte die Mizzi eine davon geerbt ... Aber nicht alle im Ort sind interessiert daran, dass Daniel das herausfindet. Und Mizzi ist damals spurlos verschwunden.

Alfred Komarek hat einen Blick für menschliche Schwächen, lässt seinen Figuren ihre kleinen Schrullen. Er zeichnet das Bild einer Provinzgesellschaft, wie es realistischer nicht sein könnte. Dabei verzichtet er auf Überzeichnung, er hat kein Interesse daran, ein dämonisches Dorf zu präsentieren. Zuweilen wirkt es sogar recht gemütlich im Ausseerland, mit seinen Wirtshäusern, Stammtischen, Bootshäusern, plötzlichen Stürmen und Leuten, die einem den Auspuff verstopfen oder tote Ratten ins Zimmer legen ... wie gesagt, Komarek übertreibt es nicht mit der Idylle. Aber man trägt es mit Humor. Sabine E. Selzer

DIE VILLEN DER FRAU HÜRSCH

Roman von Alfred Komarek

Haymon Verlag, Innsbruck 2004

201 Seiten, geb., e 17,90

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