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Yasmina Rezas Roman "Adam Haberberg".

Adam Haberberg sitzt auf einer Bank im Jardin des Plantes und ist nicht glücklich. Er ist 47 Jahre alt, leidet an einem Ödem im linken Auge und hat Angst zu erblinden. Seine Ehe ist in keinem guten Zustand und sein letztes Buch - er ist Schriftsteller - war ein Fiasko.

Nein, der Titelfigur im zweiten Roman der erfolgreichsten Dramatikerin der Gegenwart, Yasmina Reza, geht es gar nicht gut. Und da steht plötzlich Marie-Thérèse vor ihm, eine ehemalige Klassenkameradin, die ihn schon damals nicht interessiert hat und 30 Jahre später genauso wenig, mit der er aber trotzdem mitfährt, als sie ihn einlädt zu einem Abendessen bei sich.

Sie haben sich aber nichts zu sagen. Marie-Thérèse ist Vertreterin für Merchandising-Artikel. Während der Fahrt in ihrem repräsentablen Jeep redet sie in einer Tour von ihrer Karriere, ihrem Arbeitsglück, wirkt wie einem Verkaufstechnik-Lehrbuch entstiegen. Adam sitzt und denkt - an den letzten verunglückten Familienausflug, an seinen Augenarzt, an die Vergänglichkeit: "{...} wir nähern uns der Zeit, wo das Dasein nichts mehr von uns verlangt, wo man nicht mehr Vater, Mutter, Liebhaber, Schriftsteller, schön, selbstverwirklicht, glücklich zu sein braucht. Wir setzen uns auf eine Bank und stellen fest, das ist die Haltung fürs Altersheim."

Marie-Thérèses Robustheit ist für ihn "ekelerregend" - und Adams Versuch, aus der Begegnung zumindest Inspiration fürs Schreiben zu beziehen, wirkt wenig Erfolg versprechend. In ihrer Wohnung wird sein Augenschmerz schließlich immer unerträglicher, bis er auf dem Klassenfoto - dem befremdlichen Beweisstück geteilter Vergangenheit - nur mehr Schemen erkennt. Er flüchtet.

Adam ist tatsächlich blind - blind vor Angst vor dem Tod. Leider lässt seine Angst eher kalt. Als hätten seine Obsession und die damit einhergehenden Wahrnehmungsdefizite die Autorin angesteckt, gerät Yasmina Reza die Figurenzeichnung ein wenig grob und schablonenhaft. So wünscht man sich manchmal Schauspieler herbei, die den zwei Prototypen individuelle Züge verleihen.

Adam Haberberg

Roman von Yasmina Reza

Aus dem Franz. von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel

Hanser Verlag, München 2005

151 Seiten, geb., e 16,40

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