In Lateinamerika war das Buch „Der Fisch im Wasser” schon lange vor seinem Erscheinen Gegenstand von Gerüchten und Erwartungen. Man versprach sich von den Erinnerungen des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Aufklärung über einige der vielen Skandale rund um den mörderischen Wahlkampf zwischen dessen „Demokratischer Front” und der neu gegründeten Gruppierung „Wechsel 90” des ehrgeizigen Landwirtschaftsprofessors Alberto Fujimori.
Das 1993 in Barcelona auf Spanisch erschienene Werk wurde tatsächlich eine bittere Abrechnung mit den politischen Gegnern und eine Anklage gegen wirkliche oder vermeintliche Schuldige am eigenen Scheitern. Doch es beinhaltet mehr als Baunzen über den Mißerfolg. Vielmehr lassen sich, zum einen, minutiös die Aufs und Abs eines wichtigen politischen Ereignisses in einer labilen lateinamerikanischen Demokratie aus erster Hand nachvollziehen.
Das Mächtespiel zwischen einflußreichen Interessengruppen, Militär und Medien liest sich spannend aus der Feder des intellektuellen Liberalen, der sein Land vom Präsidentensessel aus zu einer Demokratie nach westeuropäischem Muster machen wollte. Zum anderen läßt uns der Autor weit zurück in seine eigene Geschichte und die seines Kontinents blicken.
Das Buch ist auch eine Auseinandersetzung mit seiner Kindheit, mit der (im vergangenen September verstorbenen) Mutter, mit dem die ersten zehn Lebensjahre abwesenden Vater. In diesen Erinnerungen reichen sich Politiker, Diktatoren und Bevolutio-nen die Klinke, aber auch Freunde und Frauen von Mario Vargas Llosa. Namen der Weltpolitik und -literatur erscheinen aus dem Blickwinkel des Weltbürgers (Eigendefinition) und kommen einmal gut, einmal schlecht weg. Ein Fisch im Wasser also, der sich sein Aquarium noch einmal genau angesehen hat, bevor er es verlassen mußte, weil er zu genau zu wissen glaubte, wie das Wasser zu wechseln wäre.
