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Digital In Arbeit

Das synthetische Herz?

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Zehn Uhr schlug die Glocke von der Jakobskirclhe. Zehn Uhr zeigte auch die automatische Uhr im Operationssaal der Zweiten Chirurgischen Universitätsklinik. Nur mit einem kurzen Blick registriert der Chirurg den Stand des Zeitmessers. Wieder ist er vertieft in seine Arbeit. Mit der Exaktheit einer Präzisionsmaschine arbeitet das Ärzteteam. Kein Ton fällt, stumm geht die Arbeit vor sich. Nur Hände und Augen vollbringen ein Werk, das

Prof. Dr. Jan Navrätil wohl das schwierigste der Chirurgie darstellt. Das Werk am kranken menschlichen Herzen. Weit offen liegt es unter den Blicken Professor Dr. Jan Navrätils, dessen Hände, in sterilisierten Gummihandschuhen, dem kranken Herzen zu neuem, gesundem Leben verhelfen wollen. Eine Pinzette bringt die künstliche Herzklappe an die Stelle der herausgeschnittenen kranken, die ihren Dienst nicht mehr versah. Mit Eigengewebe wird sie an die Wand der Aorta genäht. Dann vernäht der Chirurg den Einschnitt in die Aortenwand, stellt die Tätigkeit des Herzens und den eigentlichen Blutkreislauf wieder her und entfernt die Kanülen aus den Blutgefäßen, durch die der Patient mit dem künstlichen Herzen verbunden war. Der führende Chirurg tritt zurück und verfolgt nur noch die letzten Arbeiten seines Teams. Die nächsten Stunden werden entscheiden zwischen Leben und Tod. Ob die künstliche Herzklappe ihre Arbeit aufnimmt. Stunden, während der der Patient, der langsam dem Leben zurückgeführt wird, unausgesetzt unter Kontrolle steht.

Der Traum der Chirurgen und Herzspezialisten, Teile des kranken Herzens durch artfremde, unbiologische Materien zu ersetzen! Synthetische Fasern: Ivalon, Terylen und Teflon haben sich bewährt, um fehlende Teile in der Herzscheidewand zu ersetzen. Sie werden durchwachsen vom angrenzenden Gewebe und verdecken und schließen Öffnungen in der Vorhof- und Kammerscheidewand.

Vor fünf Jahren begann der Kampf gegen die durch pathologische Vorgänge veränderte und zerstörte Herzklappe. Die Herzklappen funktionieren wie Ventile, die den Blutstrom im Herzen in eine bestimmte Richtung leiten. (Sie befinden sich beim Eintritt in die Kammern und hinter ihrem Ausflußteil.) Zwischen dem rechten Vorhof und der rechten Kammer liegt die sogenannte Tricuspidalklappe, die aus drei häutigen Segeln besteht; zwischen dem Unken Vorhof und der rechten Kammer liegt die Mitralklappe, die aus zwei Ecken besteht. Auch hinter dem Ausflußteil beider Kammern befinden sich Klappen, die Aortenklappe im Anfangsteil der Aorta und die Pulmonalklappe am Beginn der Pulmonalarterie.

Nach dem zweiten Weltkrieg begannen die Chirurgen, angespornt durch die großen Erfolge, die mit Hilfe der modernen Anästhesie erreicht wurden, die Möglichkeit chirurgischer Behebung dar Herzklappenfehler in Erwägung zu ziehen. Die verengte Mitral- und (die stenotische) Aortenöffnung wurde mit Hilfe des Fingers oder eines in das Herz eingeführten Instrumentes ausgeweitet: Nur auf sein Tastgefühl angewiesen, ohne den Vorgang mit dem Auge verfolgen zu können, verbreiterte der Chirurg die verengte Klappe. Durch Fingerdruck verbreiterte er die verengte Stelle und mit einem am Finger befestigten Messer durchschnitt oder zerriß er die verwachsenen Klappensegel.

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