Fürsorge jüdischer Frauen

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Ein Sammelband bietet einen Einblick in die sozialen Aktivitäten jüdischer Frauenvereine im Europa vor der Shoah.

Die österreichisch-jüdische Geschichtsschreibung weist noch viele Lücken auf, insbesondere zur Geschichte österreichisch-jüdischer Frauen. Ein Sammelband gibt nun einen ersten Überblick über deren unterschiedliche Entwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz und Einblick in die vielfältigen sozialen Aktivitäten jüdischer Frauen im deutschsprachigen Europa vor der Shoah.

Elisabeth Malleier, die Autorin von "Jüdische Frauen in Wien 1816-1938", geht etwa auf die Arbeit der jüdischen Wohltätigkeitsvereine ein, die sich 1917 unter dem Namen "Weibliche Fürsorge" zusammenschlossen, die Tätigkeit feministischer jüdischer Journalistinnen und die Fürsorgetätigkeit zionistischer Frauen. Bereits 1816 wurde der erste Wiener jüdische Frauenverein gegründet.

Die Fürsorgetätigkeit jüdischer Frauen vor dem Ersten Weltkrieg schildert Elisabeth Torggler, die zu diesem Thema sponsierte. Das Engagement jüdischer Feministinnen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert beschreibt Michaela Raggam-Blesch, die für ihre Studie im New Yorker Leo Baeck Institut forschte.

Dieter Josef Hecht, der über die prominente zionistische Sozialarbeiterin Anitta Müller-Cohen dissertierte, beschreibt die Hintergründe des Ersten Weltkongresses jüdischer Frauen. Dieser fand 1923 in der Wiener Hofburg statt. Er wurde in Anwesenheit des österreichischen Bundespräsidenten Michael Hainisch in der Wiener Hofburg eröffnet; an ihm nahmen rund 200 Frauen aus 20 Ländern teil. Sein Ziel war die "Solidarität und Zusammenarbeit unter jüdischen Frauen über territoriale und ideologische Grenzen hinweg."

Der zweite Weltkongress fand 1929 in Hamburg statt. Die dort erhobene Forderung nach einer orthodoxen Rabbinerkonferenz, "die sich mit der Neuregelung der Stellung der Frau im rabbinischen Gesetz befassen sollte", blieb unbeantwortet. Der Kongress schloss mit einer Resolution zur Gründung des Weltbunds jüdischer Frauen. Der Zweite Weltkrieg und die Shoah machten diese Gründungspläne zunichte. Der dritte Weltkongress jüdischer Frauen wurde 1949 in Paris einberufen. Mit ihm begann die Geschichte des bis heute - auch in Wien - aktiven International Council of Jewish Women.

Martina Steer, Autorin einer Studie über die deutsch-jüdische Publizistin Bertha Badt-Strauss beschreibt die Entwicklung des Jüdischen Frauenbundes während des Ersten Weltkriegs. Er hatte 1917 immerhin 44.000 Mitglieder und 1928 bereits 50.000 Mitglieder.

Der Sammelband wird durch einen umfangreichen Quellenteil ergänzt.

Geschlecht, Religion und Engagement Die jüdischen Frauenbewegungen im deutschsprachigen Raum. Hg. von Margarete Grandner und Edith Saurer

Böhlau Verlag, Wien 2005

262 Seiten, kart., € 35,

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