Werbung
Werbung
Werbung

Jakob Arjouni ist mit seinem Roman "Hausaufgaben" ein kleines Meisterwerk gelungen.

Manchmal kann es einen hart erwischen. Für den Deutschlehrer Joachim Linde bricht eine regelrechte Pechsträhne an. Dabei wollte er nur einfach für ein paar Tage ins Grüne fahren, ausspannen, wandern gehen. Aber daraus wird nichts. Das Unglück zeichnet sich bereits ab in der letzten Deutschstunde vor dem verlängerten Wochenende. Eigentlich sind alle mit ihren Gedanken schon irgendwo, vor allem der Lehrer. Und doch wirft er noch ein Thema auf, das für Kontroversen sorgt: "Also dann versucht doch mal {...} zu beschreiben, was ihr meint, welchen Einfluß das Dritte Reich heute, fast sechzig Jahre später, auf euer Leben hat." Das wird bald ein viel größerer sein als Joachim Linde lieb sein kann.

Jakob Arjouni ist mit seinem neuesten Roman "Hausaufgaben" ein kleines Meisterwerk gelungen. Lebendig und unprätentiös schildert er, wie ein Unglück selten allein kommt, und aus einem Mosaik aus Missverständnissen, Misstönen, Missgeschicken und sonstigem Ärger langsam echte Schwierigkeiten erwachsen. Und die Welt ist ohnehin undankbar.

Er kann einem richtig Leid tun, der Lehrer Linde. Die Schüler spielen verrückt, die Eltern dichten ihm antisemitische Untertöne an (ausgerechnet ihm! Das hat man davon, wenn man seine Hausaufgaben machen und Vergangenheitsbewältigung betreiben möchte!) und die Ehefrau versendet aus der psychiatrischen Klinik kompromittierende E-Mails.

Doch damit nicht genug, schickt die kürzlich nach Mailand ausgerissene Tochter ihren Freund, um ein paar Sachen abzuholen, und dieser erweist sich als äußerst unangenehmes Individuum. Bleibt noch der Sohn, doch selbst der wendet sich nach einem Streit von seinem Vater ab, mit einer schallenden Ohrfeige. Am Ende bleibt dem armen Lehrer Linde nichts anderes mehr übrig, als vor seiner versammelten Kollegenschaft "peinlichstes Privatleben" auszubreiten, um die schwer wiegenden Vorwürfe zu entkräften, die reihenweise gegen ihn erhoben werden, es fehlt nicht viel, und er wird arbeitslos. Werden wenigstens seine Freunde und Kollegen ihm Glauben schenken?

Psychologisch versiert schildert Arjouni das Geschehen und schlägt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann. Wie beiläufig werden gesellschaftliche, historische, politische und soziale Problemkreise angeschnitten, die wohl alle betreffen - auch wenn der Protagonist fürs erste alles alleine ausbaden muss. Wie gesagt, ein kleines Meisterwerk.

HAUSAUFGABEN

Roman von Jakob Arjouni

Diogenes Verlag, Zürich 2004

192 Seiten, geb., e 18,40

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung