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JOHN V. LINDSAY / WAHLSCHLAGER „KENNEDY-LOOK“

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Österreichs Zeitungsleser wissen vor allem eines von ihm: daß er ein „Kennedy-Typ“ ist. Sonst wissen sie nicht viel über den neuen Bürgermeister der größten US-Stadt, der immerhin so originelle Vorgänger wie den unerhört volkstümlich gewordenen Fiorello La Guardia hat.John Vliet Lindsay gleicht nun wirklich im Äußeren dem ehemaligen Präsidenten, was ihm im Laufe seiner weiteren politischen Karriere zweifellos nicht wenige weibliche Stimmen einbringen dürfte. So schreibt das Nachrichtenmagazin „Newsweek“ über ihn: „Wenn Lindsay sich hände schüttelnd seinen Weg durch die Menge bahnt, dann glänzen die Augen der Frauen, und die Gesichter der Männer glühen, wie seit dem Tod John F. Kennedys nicht mehr!“ Doch abgesehen von solcher KitSch-romantik markiert die Wahl Lindsays zum New Yorker Bürgermeister vor allem deutlich die Renaissance der Republikaner, deren liberaler Flügel einen Barry Goldwater und seine Freunde hoffentlich für immer in einen Abstellraum verbannen wird.

Das Wahlbündnis mit der in New York einflußreichen Liberalen Partei hatte Lindsay zum Sieg verhelfen, nicht etwa der großangelegte Einsatz des republikanischen Parteiapparats, auf den der Außenseiter Lindsay gar nicht rechnen konnte; in fast allen wichtigen politischen Fragen hatte er sich gegen die offizielle Parteilinie und damit gegen die Mehrheit seiner Parteifreunde gewendet, was ihm freilich in setner Heimatstadt gewaltige Sympathien einbrachte.

Mit „Understatement“ wußte er für sich zu werben: „Ich bitte Sie nur um eines — geben Sie einem ziemlich einsamen Burschen eine Chance. Ich bin Republikaner, aber ich hoffe, Sie legen das nicht gegen mich aus.“

Nun, der „einsame Bursche“ ist durchaus kein hinterwäldlerischer Selfmademan, er ist vielmehr stolz auf seine exklusive Erziehung in der St. Paul's School und in Yale — was das Kleinbürgertum, das den „Eierköpfen“ stets reserviert gegenübersteht, eher mißtrauisch machen müßte. Trotzdem hat er gewonnen und wird bereits heute von vielen US-Bürgern als der „beste Kennedy, den es je gab“, bezeichnet.

Die offizielle Biographie bemüht sich denn auch, die Ähnlichkeiten herauszustreichen: Super-man Lindsay spielt Tennis, Baseball, Football und Fußball, fährt Rad, läuft Ski, segelt und kegelt. Wie Kennedy war auch Lindsay hochdekorierter Marineoffizier, wie dieser verfügt er über trok-kenen, schlagfertigen Humor.

Ähnlich wie die der Kennedys ist auch die Familiengeschichte der Lindsays: Auch Lindsay ist der Sohn eines — nicht u>ie Kennedy irischen, sondern britischen — Einwanderers, der sich vom Laufburschen zum Bankier emporgearbeitet hat; freilich, Millionär wie Kennedy sen. (Vgl. „Die Furche“ 45/1965) ist er nie geworden.

Hat Lindsay also der „Kennedy-Look“ zum Sieg verholfen, dann unter anderem über Bob Kennedy, einem der engagiertesten Wahlhelfer des unterlegenen demokratischen Kandidaten. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß Robert Kennedy und Lindsay einander auf politischer Bühne noch einmal gegenüberstehen werden: wenn schon nicht bei den Präsidentenwahlen 1972, so doch beim Kampf um den Gouverneursposten im Staat New York.

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