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Keine Goldplombe

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Wie füllt man ein Theater im Sommer, wenn die Großstadt Urlaub macht, das Wetter zwischen Regen und Schwüle wechselt, Fest- und Freilichtspiele landauf, landab grassieren und die Schauspieler schließlich auch einmal ihre Ruhe haben wollen? Die „Sommerstücke“, die für diese theaterlose Zeit zur Verfügung stehen, sind meist recht nichtssagend und locken keine Maus ins Haus. Das weiß man natürlich auch in der „Josefstadt“, versicherte sich daher Johannes Heesters für die Kamrnerspiete, wo man ihn den Zahnarzt Dr. Stegmann in der Komödie (Komödie?) „Vater einer Tochter“ von Curth Flatow spielen läßt. Der Autor kommt vom Kabarett und Film und besitzt ansehnliche Routine darin, Situationen mit Schablonenfiguren zu schaffen, die „dem Leben abgeschaut“ zu sein scheinen. So auch hier: denn besagter Zahnarzt ist Vater einer 21jäh-rigen Tochter, an der er, verwitwet, auch Mutterstatt vertritt. Die beiden hängen sehr aneinander, und als nun plötzlich so ein langbeiniger Jüngling, von Beruf „Miedermodelleur“, auftaucht, um die Tochter vom Fleck weg zu heiraten und nach Südamerika zu entführen, da bricht dem Vater beinahe das Herz vor Gram.

Das ist alles, wird in filmischen Rückblenden mit ein wenig „Lebensweisheit“ und sanften Pikanterlen garniert ablaufen gelassen, wobei sich Leerläufe und einiges Verlegenheitsgetue einstellen. Regisseur Friedrich Kallina inszenierte sogar eine richtige Miedermodenschau und zahnärztliche Eingriffe in der blitzblanken Ordination. Was sich Bühnenbildner Gottfried Neumann-Spallart, unterstützt vom Bühnentechniker, an Verwandlungen auf der kleinen Bühne der Kammerspiele leistete, grenzt überhaupt ein wenig an Hexerei. Aber was wäre das alles ohne Heesters? Er spielt den Vater „wie du und ich“, sozusagen einen Mustervater mit so viel charmantem, rührendem Humor, daß ihm der Autor nur dankbar sein kann. Carl Bosse als ironisch raunzender Onkel und Kollege trägt noch etwas Persönlichkeit, während das Junge Paar eher enttäuscht. Weder Christine Prober als Tochter noch Klaus Wüd-bolz als Bräutigam entkommen einer immer noch etwas anfängerhaften Steifheit. Das Publikum gab sich anspruchslos, lachte viel und applaudierte am Ende besonders lebhaft Heesters, dem man wieder einmal in einem besseren Stück begegnen möchte.

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