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Mensch und Pferd — eine Beziehung voller Respekt

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Reiten, reiten, reiten, durch den Tag und durch die Nacht, durch den Tag. Reiten, reiten, reiten. Und der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß."

Der österreichische Dichter Rainer Maria Rilke begann mit diesen Sätzen „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke" (1899).

Das Pferd, lange Zeit wichtigstes Mittel zur Fortbewegung, Werkzeug und treuer Gefährte, ist heute dieser Pflichten enthoben.

Dennoch ist das Ansehen des Pferdes gestiegen. Die Alltäglichkeit der Fortbewegung auf dem Rücken der meist treuen, oft furchtsamen, manchmal auch schwierigen Vierbeiner ist zum Ereignis geworden. Denn wer einmal einen Ritt im gestreckten Galopp über Stoppelfelder erlebt hat, weiß, was es bedeutet, wenn sich der Rücken des Pferdes unter dem Reiter streckt, Hals und Kopf fast eine Linie bilden, der Boden unter den Füßen gleichsam vorbeifliegt. Pferd und Reiter sind dann ein Körper, gemeinsam bewegen sie sich im Galopp, im Trab, im Schritt. Doch bis es endlich soweit ist, muß ein langer Weg zurückgelegt werden.

In dem Band „Das beste für mein Pferd" gibt der englische Tierarzt Colin Vogel auf leicht verständliche Weise in kurzen Texten, die mit fast 600 Farbfotos versehen sind, Ratschläge für den richtigen Umgang mit einem Pferd.

„Die Beziehung, die sie zu ihrem Pferd aufbauen, muß auf gegenseitigem Bespekt basieren und nicht auf Angst und Schmerz; bis diese Beziehung aber gefestigt ist, müssen Sie dem Pferd den Eindruck vermitteln, es unter Kontrolle zu haben." Naturgemäß verfügt ein Pferd über mehr Kraft als der Mensch, daher ist es wichtig, daß das Pferd freiwillig seinem Betreuer folgt. Es ist die Aufgabe des Pferdehalters, stets auf die Bedürfnisse des Pferdes einzugehen, denn ein glückliches Pferd, wird auch seine Arbeit willig verrichten und da-

mit leicht reitbar sein.

In einem kurzem historischen Abriß über die Entwicklung des Pferdes vom urgeschichtlichen Eohippus zum equus cabalus (modernes Pferd), zeigt Vogel die einzelnen Evolutionsstufen. Tarpan, Waldpferd und Przewals-kipferd waren die drei Grundtypen, von denen das Przewalskipferd noch heute im Lainzer Tiergarten in Wien gehalten wird.

Über die richtige Pflege, das Verwenden der einzelnen Teile des Putzzeugs, Satteln, Aufzäumen, Ausmisten des Stalls, über das Leisten von erster Hilfe, kurz, über alles, was den Umgang mit dem vierbeinigen

Freund betrifft, versteht es Vogel, auf knappe und leicht verständliche Art zu berichten. Auch über die richtige Zusammenstellung des Futters wird in seinem Band eingehend informiert. Denn je nach Bewegung und Jahreszeit sollte das Futter zusammengestellt werden.

Als wichtiger Batgeber fungiert dieser Band im Falle von Krankheiten oder kleinen Verletzungen. Eine genaue Beschreibung des Exterieurs, Abbildungen von möglichen Lahmheiten und klar übersichtliche Tabellen mit Auflistung von Symptomen, Ursachen, Behandlung und Prävention leisten gute Dienste.

Es gibt aber auch das eine oder andere entspannende Kapitel, wie etwa „Das Pferd in der Freizeit". Anhand von einigen Farbfotos wird in knappen Texten über verschiedene Arten von Entspannungsmethoden bei Pferden berichtet. So gehört etwa das Sonnenbaden zu jenen Dingen, die besonders Weidepferde gerne tun. Sie legen sich einfach auf die Seite und nehmen so ein Sonnenbad.

Colin Vogels Band sollte in jedem Stall greifbar sein. Denn er ist auch oder gerade für den erfahrenen Pferdehalter ein wichtiges Nachschlagewerk.

Was dieses Buch auszeichnet, ist, daß man mit Hilfe des Glossars, der Themenaufbereitung und der Abbildungen schnell und unkompliziert etwas nachschlagen kann. Das ist wichtig, wenn an der anderen Hand bereits das Pferd am Strick zerrt und auf die Koppel geführt werden will.

Auskunft über Ursprung und Geschichte eines besonders in den Alpen angesiedelten Pferdes gibt der Band „Der Original-Haflinger".

In Südtirol, „auf dem Hochplateau zwischen Sarn- und Etschtal, nordwestlich der Stadt Bozen" liegt das Ursprungsland der Haflinger. Anders als das Freizeit- oder Sportpferd, hat der Haflinger heute noch aufgrund seiner Trittsicherheit in unwegsamen Gebirge und seiner Widerstandsfähigkeit jene Funktionen zu erfüllen, die bis vor hundert Jahren zum Alltag eines Pferdes gehörten.

„Hier oben, wo man mit schwierigen Wegen zu kämpfen hat, wo es tausend Mühen kostet, die Bedürfnisse des weiten Plateaus zu decken, wo man die überschüssigen Erträgnisse des Bodens auf den Markt nach Bozen schaffen muß, da hat das Haflinger -

pferd seine Heimat, da wird es heute noch gezüchtet, um für den Touristenverkehr, für die Arbeit des Land-mannes vorzügliche Verwendung zu finden."

Die Haflingerzucht feierte vor kurzem ihr 120jähriges Bestehen. 1874 wurde der erste Haflinger, der Hengst 249 Folie geboren. Seine Eltern waren der Fuchshengst 133 El Bedavi (Sohn eines Vollblut-Araberhengstes) und 'einer galizianischen Stute. „Nach der Beschreibung des k.k. Militärinspektors der Pferdezuchtanstalten, General Ludwig Graf Huyn, war Folie der Prototyp des Tragpferdes und stellte den Phänotyp für den folgenden Aufbau der Haflin-gerpferdezucht dar."

Neben einem Haflinger-Stamm-baum sind Beiträge über die Haflingerzucht und die vielseitige Ersetzbarkeit des Haflingers zu finden. Zwei Kapitel widmen sich auch dem Haflinger im Krieg. Ein Bericht des Haf-lingerzuchtsymposiums und zahlreiche Farbabbildungen runden den Band ab.

DAS BESTE FUR MEIN PFERD

Der praktische Ratgeberfür Haltung und Gesundheit, Pflege und Ausrüstung. Von Colin Vogel BLV Verlagsgesellschaft, München 1996. 191 Seiten, geb., 600 Farbabbildungen, öS 429,-DER ORIGINAL-HAFLINGER und sein Ursprungsgebiet Südtirol Hg. vom Südtiroler Haftinger-Pferdezuchtverband. Folio Verlag, Bozen 1995. 200 Seiten, geb. zahlreiche Färb- und Schwarz-Weiß-Fotos, öS268,-

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