Philosophische Bildspuren

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Natur - was ist das? Und in welchem Verhältnis steht der Mensch zu ihr? Was macht sie mit ihm, was hat er von ihr, was macht er aus ihr? Es sind diese großen Fragen, die Antje Damms "Nachdenken über die Natur" die Richtung vorgeben.

Wer sich ein klassisch angelegtes Sachbuch zum Thema Natur und Mensch erwartet, wie man das aus verdienten Reihen wie "Wieso? Weshalb? Warum?" oder "Was ist was?" kennt, liegt falsch. Antje Damm hat schon mit anderen Büchern -etwa "Ist 7 viel?" oder "Frag mich?" - gezeigt, wie sie an fundamentale Zusammenhänge des Lebens herangeht: Sie legt eine Art philosophische Bildspur durch den jeweiligen Themenraum, ergänzt mit nur sehr wenig Text, der meist als eine einzige Frage pro Doppelseite formuliert ist.

Was für eine eigenartige Frage!

Dass das Konzept funktioniert, liegt an der Qualität und Zusammenstellung der Bilder: Illustrationen und Fotos sind so einfach wie die Fragen auch, lassen aber kaum einfache Antworten zu: Wenn auf einem Foto auf der linken Buchseite ein Mädchen liebevoll auf einen kleinen Blumenstock schaut, den sie an die Brust gedrückt hält, und auf der rechten Seite gefragt wird: "Kann man mit einer Topfpflanze befreundet sein", muss man im ersten Moment lächeln: Was für eine eigenartige interessante Frage! Blättert man um, ist links die Illustration eines Lamms zu sehen, auf dem die essbaren Stücke eingezeichnet sind, darunter wird gefragt: "Dürfen wir Tiere essen?" Rechts steht ein Foto von zwei schlafenden geschorenen Lämmern.

Kompositionen, Kombinationen und Abfolge der Bilder sorgen für Überraschungen, zeigen Zusammenhänge, führen zu neuen Fragen. Liest man das Buch von vorn nach hinten, merkt man, dass assoziativ vorgegangen, aber einer großen Erzähllinie gefolgt wird. Sie führt vom Abstrakten, dem Versuch, sich einen Begriff von der Natur zu machen, und Großen (die Natur, die Menschheit) ins Konkrete ("Warum gibt es so viele verschiedene Fische?") und Kleine ("Ist der Neuntöter grausam, wenn er seine Beute aufspießt?"). Dabei gibt es Abschweifungen, werden Seitenlinien ausgelotet, neue Anläufe gesucht.

Darum muss man das Buch auch nicht linear lesen, kann es irgendwo aufschlagen - und kann das immer wieder tun. Man kann Ergänzungen einfügen, eigenen Gedankengängen nachgehen. Man kann es alleine lesen, aber wie viele von Antje Damms Büchern vermittelt auch dieses das Gefühl, dass es aus einem lebhaften Alltag heraus entstanden ist. Und sich daher wohl am besten dort liest, wo Zeit und Raum für gemeinsame Gespräche ist. Wenn möglich draußen, in der Natur.

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