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Triumph des Mannes

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Verbissen kämpfen feministische Geographinnen - auch das gibt es! - gegen die in ihren Augen männlich-sexistische Sichtweise und Reschreibung von Landschaften. Daß sanfte Hügel und fein geschwungene Erhebungen Weiblichkeit evozieren, damit geht Rühnenbildnerin Moide-le Rickel in der Festspiele-Produktion von Franz Grillparzers „Libussa” gekonnt um: Das von ihr auf die Ruhne gestellte böhmische Hügelland ist Frau gewordene Landschaft. Am Ende der Aufführung werden Männer mit lauten, stinkenden Motorsägen tiefe Gräben in die Hügel und Täler aus Holz schneiden: die Fundamente der zu gründenden Stadt Prag oder gar Schützengräben? Mit diesem krassen Rild hat Peter Stein aus dem spröden und verzopften Stück eine bittere Essenz destilliert: der gesellschaftliche Triumph des Männlichen über das Weibliche.

Steins letzte Arbeit als Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele führt eine stolze Libussa (ausgezeichnet: Dörte Lyssewski) vor, die nach dem Tode ihres Vaters Sanftheit und Harmonie zum Regierungsprogramm macht. Ob gemeiner Raufhandel oder staatliche Rechtssprechung - typisch männliches (?) Kräftemessen jeder Art soll ausgemerzt werden. Ebenso stolz ist der Rauer Pri-mislaus (hervorragend: Christian Nickel), den Libussa zum Gemahl erwählt, weil das Volk nach einem Herrscher verlangt, der in üblicher Manier das Zepter schwingt. Am Höhepunkt des Stückes prallt „Stolz gegen Stolz”, die beiden gestehen einander nach langem Ringen ihre Liebe. Das Ergebnis: Libussa unterwirft sich ihrem Mann und verfällt zusehends. Von Krankheit geschwächt, segnet sie das Zeitliche, nachdem sie auf Geheiß ihres Mannes einen kultischen Ritus anläßlich des Spatenstichs von Prag zelebriert hat. Doch statt der erwarteten weiblichen Segnungen müssen sich die versammelten Männer eine bittere Abrechnung und düstere Prophezeiungen anhören. Die Liebe mag Mann und Frau zwar emotional verbinden, gesellschaftlich und psychologisch trennt sie jedoch ein tiefer Graben. Peter Stein jubelt nicht - wie es Grillparzer tat - die Frauen hoch, sondern zeichnet beide Geschlechter kritisch: Männer als sich aufplusternde, lächerliche Gockel (sehr komisch die drei Wladi-ken: Oliver Stern, Wolf-Dietrich Sprenger und Otto Kukla), die Frauen als wilde Amazonen und humorlose Hüterinnen einer strengen political correctness. Mißlungen ist Stein nur die Figur der Wlasta, die bis zuletzt die Fahne der Frauen hochhält: arme Anne Tismer, die als schlechte Karikatur einer ungelenken Männerhas-serin durch das Stück stapfen muß.

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