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Salman Rushdie erfindet ein Verwirrspiel vor historischem Hintergrund.

Es geht um das Gefüge der Welt und die Natur der Götter. Um die Einsamkeit eines mächtigen Sultans, der sich einen reisenden Narren und Zauberkünstler sucht als korrigierendes Äquivalent. Um Verführung und die Vorstellung von einer perfekten Liebesbeziehung. Um das Gelächter, das selbst im Schrecken noch in uns steckt. Um das Essenzielle des Menschen, nämlich eine Geschichte zu erzählen und einen Zuhörer dafür zu finden. Das lehrt Salman Rushdie in seiner ausladenden Mär "Die bezaubernde Florentinerin", voll perfekt eingesetzter Unmäßigkeit orientalischer Berichterstattung.

Das Vergnügen, mit dem Rushdie fabuliert, teilt sich dem Leser mit. Durch den Sultan Akbar den Großen und dessen Sucht nach fiktiven Welten wird deutlich, dass Phantasie wahr werden lassen kann, dass gut erzählende Träumer die Grenzen der Wirklichkeit aufheben. Schöpfer im Schatten der Götter, voller Demut und Freude über die Schönheit der Welt.

Bewegung, Zeit und Licht

Rushdies bestechendstes Talent ist wohl, die besten stilistischen Elemente aus Ost und West so meisterhaft beschwingt zu nutzen. Die Übertragung aus dem Englischen von Bernhard Robben folgt erfreulich Rushdies Gesetz, das sein Held Niccolò Vespucci vulgo Uccello vulgo Mogor dell'Amore, Florentiner, Trickspieler, Wissender und Schwadroneur 1572 im Kerker des Sultans erkennt: "Eine Geschichte braucht Bewegung, Zeit und Licht."

Zwei Jahre verbringt Vespucci am Hofe Akbars, erzählt von seiner Herkunft, von Florenz und einem jungen Krieger, der in Istanbul zu einem Mächtigen wird, eine Frau heimführt, die sich als Tante des Sultans im fernen Indien herausstellt. Es geht also wie immer um Liebe, um die schönste Frau der Welt, um Verführung und männliche Imagination.

Rushdie spielt mit dem Pygmalionmotiv, seine perfekte Geliebte ist aber weder aus Stein, Metall, noch Holz, sondern existiert nur im Kopf des Herrschers. Dort ist ihre Präsenz jedoch so stark, dass sie spürbare Konkurrenz für die Damen des königlichen Harems wird und selber Gefühle entwickelt, um den Herrscher unwiderruflich an sich zu binden. Die einzige Gefahr droht dieser lieblichen Chimäre vom "Westlichen Erzähler" und seinen Schilderungen von "Schwarzauge", der Florentinierin, die ihr so verblüffend ähnelt. Die Spirale rund um die Phantastereien beginnt sich zu drehen, denn "erlogene Geschichten können in der wahren Welt manchmal sehr hilfreich sein."

Die bezaubernde Florentinerin

Roman von Salman Rushdie. Aus dem Engl. von Bernhard Robben Rowohlt 2009. 448 S., geb., e 20,50

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